Bochum. Aufgrund der aktuellen gesellschaftspolitischen Situation hat das Bochumer Theater mit Anders Lustgartens „Lampedusa“ eine zusätzliche Premiere angesetzt.
Die weltweite Flüchtlingskrise hat nun auch das Schauspielhaus erreicht: Aufgrund der aktuellen Situation wurde eine zusätzliche Premiere in den Spielplan aufgenommen, die deutschsprachige Erstaufführung von Anders Lustgartens „Lampedusa“. Chefdramaturg Olaf Kröck inszeniert das 2013/15 entstandene Stück.
Konfrontation mit der Wirklichkeit
Anders Lustgarten hat in seiner Heimat Großbritannien schon einige Bühnenerfolge gefeiert, hierzulande ist er gänzlich unbekannt. Er gilt als unbequemer Autor, als Kritiker der aus den Fugen geratenen Globalisierung. „Alle meine Stücke sind Konfrontationen mit der Wirklichkeit“, sagt er selbst. Bei der Suche nach einem passenden Schauspiel, das für die Auseinandersetzung des Bochumer Theaters mit der Fluchtproblematik in Frage kommt, sind Regisseur Kröck und Dramaturg Alexander Leiffheidt schnell auf den jungen politischen Dramatiker aus London aufmerksam geworden.
Zwei Einzelgeschichten
„Lampedusa“ stellt die Migrationswelle, die Europa aus Afrika über die Sahara und das Mittelmeer erreicht, durch zwei Einzelgeschichten in einen gesamteuropäischen Kontext. Stefano war Fischer. Heute fischt er im Auftrag der Regierung vor der italienischen Insel Lampedusa Überlebende und Leichen aus dem Wasser. Denise treibt in einer europäischen Großstadt für eine Wucherkreditfirma Schulden ein, stellt den Fuß in Türen, winkt mit Pfändungen. „Beide haben nichts gemeinsam. Und doch verbindet sie etwas: Sie stehen an vorderster Front, an dem Punkt, an dem aus Politik harte Realität wird“, sagt Olaf Kröck.
Premiere und Themenmonat
„Lampedusa“, Premiere 11.3., 19.30 Uhr in den Kammerspielen, Königsallee 15, Karten 0234/3333-5555. Weitere Aufführungen 24. März & 1., 10., 30. April.
Die deutschsprachige Erstaufführung erfolgt im Rahmen des Schauspielhaus-Themenmonats „Das Eigene & das Fremde“, auf den die WAZ noch ausführlich zurückkommen wird.
In seinem Stück zeigt Lustgarten, was passiert, wenn der Druck der Globalisierung, der auf allen in Europa lastet und der gleichzeitig ein Auslöser vor allem der afrikanischen Massenflucht in den Westen ist, plötzlich platzt. Wenn sich im persönlichen Kontakt zwischen den Gescheiterten in Europa eine Art Solidaritätseffekt mit den Flüchtenden herstellt, wenn Menschlichkeit Kälte und Ignoranz überwindet. „Lampedusa“ ist ein wütendes, bitteres und doch hoffnungsvolles Stück über die vielleicht wichtigste Herausforderung unserer Zeit“, sagt Olaf Kröck. Knapp eine Million Menschen flohen im vergangenen Jahr über das Mittelmeer nach Europa. 3600 sind dabei ertrunken. Wie viele werden es dieses Jahr sein? Wie viele müssen es noch werden?
Der Regisseur verspricht mit seiner Inszenierung bei aller Drastik des Themas einen sinnlichen, auch emotionalen Theaterabend, der auf der sparsam ausgestatteten Kammerspiele-Bühne von nur zwei Schauspielern – Juliane Fisch und Raiko Küster – gestaltet wird.