Bochum. In der Hauptrolle als Dorfrichter Adam ist der bekannte Schauspieler Dietmar Bär zu sehen, Regie führt Intendant Anselm Weber.
„Der zerbrochne Krug“, der Bühnenklassiker von Heinrich von Kleist, kommt in Bochum zu neuen Ehren. Intendant Anselm Weber inszeniert die Neufassung mit einem populären Schauspieler: Dietmar Bär, bekannt u.a. aus „Tatort Köln“, spielt die Hauptrolle des Dorfrichters Adam.
Bär ist als TV-Mime viel gefragt, sein Handwerk hat er in den 1980er Jahre an der Schauspielschule Bochum gelernt. Am Schauspielhaus steht Bär aktuell in „Gift“ im Rampenlicht; eine künstlerisch starke Aufführung, die der 54-Jährige durch sein souveränes Spiel entscheidend prägt. „Kleists Dorfrichter ist eine der ganz großen Rollen“, sagt Dietmar Bär, „es braucht Zeit, bis man diesen Mann und dessen komplexe Denk- und Handlungsstrukturen verkörpern kann.“ Denn neben der schauspielerischen ist hier auch Lebenserfahrung gefragt.
Keine einfache Geschichte
Wie immer bei Kleist, geht es um die Frage nach dem Verhältnis des Individuums zum Staat und um die letztlich nicht eindeutig zu beantwortende Frage, was die Wahrheit ist. Ein Krug ist zerbrochen. Frau Marthe, Besitzerin des Kruges, beschuldigt Ruprecht, das Gefäß zerbrochen zu haben. Eve, die Tochter der Marthe, schweigt zu den Vorwürfen gegen ihren Verlobten. Der Richter, mit einer Platzwunde am Kopf, ist wenig bemüht, Licht ins Dunkel zu bringen. Wie sich herausstellt, war er selbst es, der Eve nächtens bedrängte. So sitzt er über einen Fall zu Gericht, in dem er selbst der Täter ist...
Mitwirkende und Spieltermine
Es wirken mit: D. Bär (Adam), S. Grunert (Eve), N. Kreutinger (Ruprecht), K. Linder (Marthe), M. Massafra (Gerichtsrat ), M. Redlhammer (Veit Tümpel), R. Riebeling (Schreiber Licht), Xenia Snagowski (Magd), A. Zillich (Frau Brigitte).
Premiere am Samstag (5. Dezember) um 19.30 Uhr in den Kammerspielen (nur noch Restkarten). Weitere Termine: 6., 20., 31. Dezember (Info und VVK: Tel. 0234/3333-5555).
Das hört sich nicht einer „einfachen Geschichte“ an, aber ist sie das wirklich? Jeder der Beteiligten hat seine eigene Sicht auf die Dinge, und manchmal ist nicht zu unterscheiden, wer wahr spricht und wer nicht. Das gilt für den Richter, aber auch für die um Aufklärung bemühten Schreiber Licht (Roland Riebeling) und Gerichtsrat Walter (Marco Massafra). Und das gilt für Eve/Evchen, die möglicherweise gar nicht das „kleine unschuldige Ding“ ist, das sie vorgibt zu sein. Sarah Grunert, frischgebackene Theaterpreisträgerin, spielt Eve als selbstbewusstes Mädchen.
Augenmerk liegt auf Eve
Anselm Weber ist ein „Krug“-Experte, seit er Ende der 1980er Jahre als Regieassistent von Dieter Dorn in dessen legendärer Inszenierung an den Münchner Kammerspielen (u.a. mit Rolf Boysen, Edgar Selge, Cornelia Froboess) beteiligt war. In „seinem“ Kleist hat Weber besonderes Augenmerk auf die Rolle der Eve gerichtet. Aus ihrer Perspektive wird die Story entwickelt; zu Beginn der Aufführung gibt es eine Traumsequenz, aus der gleich klar wird, dass der alte Adam aus unerklärlichem Liebeswallen dem blutjungen Mädel auf die Pelle rücken wollte
Der Zuschauer weiß also von vornherein Bescheid. Aus genau dieser Voraussetzung bezieht der Abend seinen Reiz. Und natürlich aus Kleistens Sprache, kristallin und poetisch zugleich.