Bochum. . Bereits im April hatte Anselm Weber seinen Weggang verkündet, aber ein neuer Theaterleiter ab 2017/18 ist immer noch nicht in Sicht.

Wer wird ab 2017/18 Intendant des Schauspielhauses? Bis auf eine Handvoll Frauen und Männer weiß das in Bochum angeblich keiner.

Diese Damen und Herren sind die Mitglieder des Schauspielhaus-Verwaltungsrats, lokale Politiker, die nun über die von Kulturdezernent Michael Townsend eingebrachten Personalvorschläge entscheiden sollen; nächste Sitzung Anfang Dezember. „Wenn es nach mir ginge, würde noch in diesem Jahr die Entscheidung fallen“, so Townsend auf WAZ-Anfrage.

Um die Personalie wird eine Art Staatsgeheimnis gemacht. „Über Namen will ich nicht reden, jede Indiskretion würde das Such-Verfahren schwer beinträchtigen“, sagt Townsend. Dass über die Causa „Intendanz“ dennoch geredet wird, kann er nicht verhindern. Vor Wochenfrist mahnte der Vorsitzende des Theaterfreundeskreises, Hajo Salmen, Eile an, „damit für das Theater und die Schauspieler endlich Planungssicherheit besteht.“

Auch überregional wälzen Blogs und Medien seit Wochen die BO-Frage hin- und her. Diskretion macht aber trotzdem Sinn: Viele Beispiele, wenn auch nicht aus Bochum, gab es in jüngerer Zeit, als in der Öffentlichkeit früh verbrannte Namen von populär ausgeschriebenen Posten fernblieben. Oder sich Such-Kommissionen, wie damals in Düsseldorf, entnervt selbst auflösten.

Politische Befindlichkeiten

Das Düsseldorfer Schauspielhaus bekommt 2016 einen neuen Intendanten (Bochums Hausregisseur Roger Vontobel soll dort angeblich Oberspielleiter werden), das Schauspielhaus Bochum besetzt 2017 diese Position neu. Anselm Weber, der im April seinen vorzeitigen Abgang verkündete, bastelt am Main schon fleißig an seinem Konzept und der Crew für die Frankfurter Theaterübernahme 2017.

Entscheidung ist überfällig

Die Hängepartie mit der Bochumer Intendanz ist extrem ärgerlich. Nicht nur für das stets neugierige Theaterpublikum, sondern auch für die Theaterangestellten, Schauspieler, Mitarbeiter, Verwaltungsleute. Sie wollen - zu Recht - so schnell wie möglich wissen, wie und mit wem es weitergeht.

Seit Frühjahr ist Webers Abschied bekannt, jetzt ist bald Weihnachten, und es ist immer noch nicht „Butter bei die Fische“. Das kann zweierlei bedeutet: Zum einen kann man sich hier vor Ort (politisch) nicht einigen, zum anderen gab es möglicherweise Kandidaten, die man haben wollte, die es aber nicht werden wollten. Das wäre natürlich ein schwarzer Schatten auf der Theaterstadt Bochum, denn es würde bedeuten: Wohin die Top-Leute früher – Stichwort: Reputation – „im Laufschritt“ kamen, müssen sie nun „hingetragen“ werden. Keine schöne Entwicklung.

Abgesehen von alledem, läuft die Zeit auch so weg. Intendanzen haben per se einen langen Vorlauf. Will sagen: Bochum ist inzwischen definitiv spät dran; die 1a-Namen der Szene dürften längst woanders untergekommen sein.

Jürgen Boebers-Süßmann

An der Königsallee ist man über das name-dropping noch nicht hinaus. Thomas Bockelmann, Herbert Fritsch, Armin Holz, Jette Steckel, Christoph Nix sind nur einige Namen, die halb-offiziell genannt werden, und mit denen offenbar Gespräche geführt wurden. Und natürlich Matthias Hartmann, der starke Fürsprecher hat und der ans Schauspielhaus zurückkehren könnte, angeblich mit reichlich „Kleingeld“ seines Freundes Dietrich Mateschitz („Red-Bull“) als Morgengabe. Townsend bestätigt, er habe „schon öfter, nicht nur jetzt“ mit Hartmann gesprochen, mit Mateschitz aber noch nie. Ganz davon ab, sei Bochum nicht käuflich.

Wie gemunkelt wird, ist die unklare Personallage nicht nur eine Frage der Personenfindung, die der Kulturdezernent höchstselbst sich auf die Fahne geschrieben hat. Tatsächlich muss dem neuen Mann, der neuen Frau klar sein, dass die Theatersituation hierzulande nicht eben leicht ist. Eine lebensbedrohliche finanzielle Krise hatte Weber gerade gemeistert, als sich schon die nächste auftat, Stichwort: Tarifübernahme: das war der Schluss-Impuls für seinen Abgang.

Dazu kommen kulturpolitische Befindlichkeiten, die auch nicht zu verachten sind. So wird eine Hartmann-Rückkehr vor allem von den Grünen und der CDU im Verwaltungsrat skeptisch gesehen. Sie haben nicht nur wegen des künstlerischen Déjà-vu-Effekts Bedenken gegen den in Wien entlassenen Schauspiel-Direktor.