Bochum. Theaterprojekt „lebens-ART“ hilft arbeitslosen Frauen auf dem Weg zurück in den Beruf. Sie lernen, sich vor Unternehmern selbstsicher zu präsentieren.

Wer seit Jahren fest im Berufsleben steht, Aufstiege feiert und sich auf den nächsten Urlaub freut, hat vielleicht weniger Augen dafür, wie verschlossen diese Welt für Neu- und Wiedereinsteiger sein kann. „Ich hätte nicht gedacht, dass es so schwer ist, einen Platz für eine eintägige Hospitation zu bekommen“, sagt Johannes Kohtz-Cavlak. „Das hat mich überrascht.“ Umso beeindruckter zeigt sich der Leiter des Alice-Salomon-Berufskollegs von der szenischen Darbietung der 16 Teilnehmerinnen des Projektes „lebens:ART“ im Jugendzentrum Falkenheim.

Neun Monate Schulung

In einem kurzen Theaterstück präsentieren die Beteiligten des neunmonatigen Arbeitsmarktprojektes verschiedene berufliche Lebenswelten: Sie telefonieren, beauftragen, beraten und netzwerken professionell. So läuft Biljana Marcic im Blaumann zu Yvonne Schmiedtke ins Sekretariat, um einen Auftrag zu besprechen.

Anschließend bestellt Schmiedtke für eine Firmenveranstaltung belegte Brötchen in der Bäckerei von Anja Oesten, die in ihrer Mittagspause zum Friseur geht und ihrer Friseurin Arzu Sari einen privaten Pflegedienst empfiehlt. Und so weiter.

Das Stück basiert auf den persönlichen Biografien der Teilnehmerinnen: in diesem Fall allein erziehende Mütter, die in den vergangenen Jahren feste Positionen in ihren „Familienunternehmen“ hatten – und nun ein Berufsleben anstreben.

Praktikum in einer Bäckerei

„Bevor die Kinder da waren, habe ich immer gearbeitet“, sagt die Bäckereifachverkäuferin Anja Oesten. „Es ist etwas ganz anderes, eigenes Geld zu verdienen.“ Über das Projekt „lebens:ART“ konnte sie ein Praktikum in einer Bäckerei machen. „Ich habe vor 15 Jahren das letzte Mal in meinem Beruf gearbeitet.“ Da gehen Kontakte, Erfahrung und eigenes Zutrauen leicht verloren. „Ich nutze diese Gelegenheit für einen Wiedereinstieg.“

Wobei das Format auch dazu anregen soll, über andere berufliche Möglichkeiten nachzudenken. „Ich habe eine Ausbildung als Buchhalterin gemacht“, sagt Biljana Marcic, die vor sechs Jahren aus Moldawien nach Deutschland kam. „Wegen der Sprache bin ich immer noch unsicher und habe nie in diesem Beruf gearbeitet.“ Für das Theaterstück wählte sie blaue Hosen und kann sich vorstellen, in die Logistikbranche zu wechseln.

Theaterstück wird selbst entwickelt

Ein selbst entwickeltes Theaterstück zeigen die Teilnehmerinnen zum Abschluss des Projektes voraussichtlich im März 2016.
Die interdisziplinären Projekte der bundesweit tätigen defakto GmbH zielen darauf ab, Arbeitssuchende in unterschiedlichen Lebenssituationen zu „kreativen Gestaltern ihrer eigenen Lebenssituation“ zu machen.

„Wir unterstützen in unserer Arbeit viele Bereiche, die auch im Job gefragt sind. Selbstständigkeit, Teamarbeit, Konzentration, Selbstbewusstsein“, sagt Tomke Friemel von der defakto GmbH, die das Projekt zusammen mit dem Jobcenter Bochum durchführt. Neben der Theaterarbeit stehen praktische Elemente des Jobcoachings und der Berufsorientierung im Mittelpunkt.

Am Ende des Theaterstücks steht die Sozialarbeiterin Anja Seibert mit zwei weiteren Teilnehmerinnen in einem Kreis, aus dem sie schließlich gemeinsam heraustreten. „Wir haben gelernt, über unsere Schatten zu springen“, sagen sie und heben die Bedeutung der intensiven Gruppenarbeit hervor. Weil Arbeitssuchende eben meist auf sich allein gestellt sind. Die gemeinsame Arbeit und der Austausch habe bei allen das Selbstbewusstsein gestärkt. „Wobei jede ihre eigene Zielvorstellung vor Augen behält“, weiß Anja Seibert.