Bochum. Während die Stadt fieberhaft die Wohnkapazitäten für Flüchtlinge erhöht, murren die Sportvereine vernehmlich über gesperrte Turn- und Sporthallen.
Mittlerweile wächst die Unruhe in einigen Bochumer Sportvereinen. Derzeit sind rund ein Viertel der insgesamt über 100 Sporthallen in Bochum gesperrt. Auch die Organisation von Schulsport wird zunehmend schwieriger. Die gesperrten Hallen werden entweder als Notunterkunft für Flüchtlinge genutzt oder sind aufgrund maroder Hallenkonstruktionen nicht zu betreten.
So ist etwa Klaus Blüggel Trainer der 1. Mannschaft des Volleyballvereins Eintracht Grumme von der derzeitigen „Situation nicht begeistert“. Die Mannschaft, die sonst am Schulzentrum Querenburg trainiert, kann dies derzeit nicht nutzen und muss in eine andere Halle ausweichen. Dies führe zu Abstimmungsschwierigkeiten. Noch heftiger sind Freizeitsportler betroffen. Beispiel Turngemeinde Bochum: Der 1884 gegründete Traditionsverein mit seinen rund 500 Mitgliedern musste binnen weniger Wochen auf vier Turnhallen verzichten.
Neubauten oder Umbau
Vor allem die Yoga- und Pilates-Gruppen und die Frauengruppe sind betroffen. „Wir fürchten nun, dass dies zum Dauerzustand wird“, sagt der langjährige Vorsitzende und jetzige Ehrenvorsitzende des Vereins Gerd Bohle. Zwar hätte man durchaus Verständnis für die Situation der Stadt, doch die Lage für die Vereine sei ebenfalls unsicher. Es hätte sogar erste Austritte gegeben, weil vor allem ältere Mitglieder die weiten Wege zu Ersatzhallen nicht in Kauf nehmen möchten.
Gleichzeitig arbeitet die Verwaltung fieberhaft daran, Ersatzunterkünfte neu zu errichten oder bereits bestehende Gebäude so herzurichten oder umzubauen, dass sie als Flüchtlingsunterkünfte genutzt werden können.
Containerdorf in Stiepel wächst stetig
„Wir arbeiten hier mit Hochdruck“, sagt der Bauleiter des Unternehmens, das derzeit die Container für die neue Flüchtlingsunterkunft an der Kemnader Straße aufstellt. Schon stehen die ersten beiden Reihen der schlichten grauen mobilen Wohnanlage, wie es offiziell heißt. Nun ist der Bagger dabei, den schlammigen Grund für die Versorgungsleitungen der restlichen Unterkünfte vorzubereiten. Diese Container sollen in den nächsten Tagen angeliefert werden.
Bis zu 110 Menschen sollen hier bald leben, so hat es der Rat beschlossen. Die Stadt geht davon aus, dass die Arbeiten an der Anlage Ende November/Anfang Dezember abgeschlossen sein werden. Also gerade noch rechtzeitig vor dem Winteranfang könnten die ersten Menschen dort einziehen. .
Fortschritte bei Unterkünften
An gleicher Stelle stand bereits in den 90er Jahren eine große Containersiedlung, damals für über 200 Menschen. Damals wie heute hatten sich im Vorfeld der Entscheidung kritische Stimmen geregt, die sich skeptisch zur Eignung des Standortes geäußert hatten. Nach WAZ-Informationen war sogar mit Briefen versucht worden, Einfluss auf die Politik zu nehmen.
Während in Stiepel die Arbeiten bereits vorgeschritten sind, gab es in den letzten Tagen auch erfolgreiche Gespräche mit Bochumer Wohnungsunternehmen. Wie bereits kurz berichtet wollen die Unternehmen, darunter auch die VBW, kurzfristig bis zu 80 Wohnungen für Flüchtlinge bereitstellen.
Trotz dieser Fortschritte bei der Bereitstellung von Unterkünften gibt es auch Rückschläge. Obwohl die Polizei aufgrund des Messerangriffes durch einen Rechtsextremen aktuell keinerlei geänderte Gefahreneinschätzung für Bochum sieht, werde, so ein Sprecher, die Situation genau beobachtet und man werde natürlich auf eine geänderte Gefahrenlage jederzeit angemessen reagieren.
Persönliche Betroffenheit
Dabei lässt die Stadt Flüchtlingseinrichtungen aber auch im Bau befindliche Einrichtungen wie an der Kemnader Straße auch bisher schon durch einen privaten Sicherheitsdienst beobachten. Einzelheiten zu den laufenden Maßnahmen des abgestimmten Sicherheitskonzeptes wollten jedoch weder Polizei noch Stadt nennen.
Flüchtlinge in DeutschlandBetroffen zeigte sich am Montag die Bochumer Sozialdezernentin Britta Anger über den Anschlag auf Henriette Reker. „Ich kenne sie gut vor allem aus ihrer Zeit als Sozialdezernentin in Gelsenkirchen. (Anm. d. Red.: Reker war zwischen 2000 und 2010 Beigeordnete in Gelsenkirchen) Ich wünsche ihr von ganzem Herzen gute Besserung.“ Gleichzeitig glaubt Anger, dass für sie persönlich und in Bochum allgemein jetzt keine erhöhten Sicherheitsmaßnahmen für notwendig seien. „Ich denke, dass Henriette Reker vor allem wegen ihrer Kandidatur eine solche Aufmerksamkeit bekommen hat.“