Bochum. . Anzeigen wegen häuslicher Gewalt nehmen seit Jahren zu. Neue Kampagne mit Spielern vom VfL Bochum rückt die Problematik ins öffentliche Bewusstsein.

Häusliche Gewalt betrifft alle Bevölkerungsschichten, wird aber in vielen Fällen von den Betroffenen verschwiegen. „Die Hemmschwelle, sich jemandem anzuvertrauen, ist groß. Viele Opfer, zu 95 Prozent sind es Frauen, brauchen Jahre, um der Gewalt zu entkommen“, berichtet Ute Würtz von der Bochumer Frauenberatungsstelle Nora.

Seit Inkrafttreten des Gewaltschutzgesetzes im Jahr 2002 steigt zwar die Zahl der Fälle, die angezeigt werden. Das Thema müsse aber noch stärker ins öffentliche Bewusstsein gerückt werden, um Betroffenen Mut zu Machen.

Plakate in der ganzen Stadt

Daher hat das „Netzwerk gegen Häusliche Gewalt Bochum“ die Kampagne „Rote Karte bei Häuslicher Gewalt – Echte Kerle schlagen nicht“ ins Leben gerufen. Das Netzwerk ist ein Zusammenschluss aus Polizei, Stadt, Jugendamt, Beratungsstellen und weiteren Partnern.

Anlässlich des heutigen „Internationalen Tags der Gewaltlosigkeit“ und des „Internationalen Tags Nein zu Gewalt an Frauen“ am 25. November machen in den kommenden zwei Monaten Plakate in der Stadt auf die Kampagne aufmerksam. Auf Straßen und Plätzen, in der U 35, einem Bogestra-Bus, in Gaststätten und Institutionen und auf Postkarten wird für Betroffene sichtbar, wohin sie sich im Notfall wenden können.

Extrem hohe Dunkelziffer

„Die Dunkelziffer bei häuslicher Gewalt ist sehr hoch. Für jede Anzeige gehen wir von 20 bis 30 nicht gemeldeten Fällen aus“, so Ralph Jeske vom Opferschutz der Polizei Bochum bei der Auftaktveranstaltung der Kampagne am Rathaus. Er ruft dazu auf, sich im Ernstfall professionelle Hilfe zu suchen.

Immer mehr Fälle werden angezeigt

In Bochum wurden im vergangenen Jahr 608 Fälle von häuslicher Gewalt angezeigt – Tendenz steigend. In 331 Fällen wurden die Täter zunächst der Wohnung verwiesen.

Beratungsstellen leisteten in 218 Fällen bei Betroffenen Hilfe. In 238 Fällen schritt das Jugendamt ein, weil Kinder mittelbar häusliche Gewalt erlebten.

Um noch mehr Menschen zu erreichen, haben sich die Organisatoren mit Patrick Fabian und Andreas Luthe vom VfL Bochum prominente Unterstützung geholt. Sie standen für die Plakate mit den Slogans „Echte Kerle schlagen nicht“ und „Rote Karte bei Häuslicher Gewalt“ Modell. „Als Fußballer haben wir große Aufmerksamkeit. Wenn wir durch ein Foto helfen, bei diesem wichtigen Thema wachzurütteln, tun wir das gerne“, so Andreas Luthe zum Engagement.

Wachrütteln soll die Kampagne auch diejenigen, die gar nicht erkennen, dass sie betroffen sind. „Auch Macht und Kontrolle sowie finanzielle oder psychische Abhängigkeit vom Partner sind Formen häuslicher Gewalt“, mahnt Regina Czajka von der städtischen Gleichstellungsstelle. In Bochum gebe es sowohl für Opfer als auch für Täter die angemessenen Hilfsangebote.