Bochum. . Seit 17 Jahren will Dietrich Stein sein unterirdisches Transportsystem „Cargocap“ realisieren. In Deutschland hat er bislang keinen Erfolg.
Die Straßen in Nordrhein-Westfalen werden immer voller, hieß es kürzlich in den Medien. Durch Meldungen wie diese sieht Dietrich Stein seine Vision des unterirdischen Güter-Transportsystems „Cargocap“ bestätigt. „Die Lärm- und Staubelastung auf den Straßen ist hoch. Oben ist schon jetzt kein Platz mehr“, sagt der emeritierte Professor (76). Cargocap soll Abhilfe schaffen und die Straßen entlasten.
Die Idee: Mit elektrisch angetriebenen Miniwaggons, sogenannten „Caps“, wird Fracht auf Paletten in zwei Meter breiten Röhren unter der Erde transportiert. „Cargocap ist umweltfreundlich, leise und verbraucht oberirdisch keine Flächen,“ wirbt Stein für seine Idee.
Fast zwei Jahrzehnte Hartnäckigkeit
Seit mittlerweile 17 Jahren arbeitet er an seinem Projekt – und wirbt bei Politik und Wirtschaft seit langer Zeit vergeblich dafür. Zwar wurde die Idee lange vom Land NRW gefördert. Im Jahr 2002 geriet „Cargocap“ dann aber durch das Metrorapid-Projekt auf’s Abstellgleis. Das Interesse in der Politik flammte auch danach immer mal wieder auf, in die Tat umgesetzt wurde „Cargocap“ aber nie. „Dabei ist das System wirtschaftlich und schnell realisierbar“, sagt Dietrich Stein und verweist auf drei Gutachten aus den vergangenen Jahren. „Erst im Januar haben wir unsere von der Ruhr-Uni betriebene Teststrecke in einem stillgelegten RWE-Kraftwerk abgebaut. Alle Untersuchungen sind abgeschlossen. Wir sind einsatzbereit.“
Es fehle jedoch an moralischer Unterstützung seitens der Politik. „Ohne einen Investor, der das Projekt finanziert, tut sich die Politik schwer, Cargocap öffentlich zu befürworten, weil sie befürchtet, sonst selbst zahlen zu müssen.“ Der Wirtschaft fehle es dagegen an politischer Rückendeckung und Rahmenbedingungen für die Umsetzung – ein Teufelskreis, klagt Stein.
„Teufelskreis“ zwischen Politik und Wirtschaft
Die Rahmenbedingungen für die Umsetzung seien durchaus da, entgegnet Bernhard Meier, Sprecher des NRW-Verkehrsministeriums auf WAZ-Anfrage. „Es ist aber bisher nicht gelungen, private Geldgeber zu akquirieren. Daher sehen wir für das Projekt keine Zukunft.“ Die öffentliche Hand könne solche Projekte nicht finanzieren.
Stein hofft auf Einsatz von Cargocap im Ruhrgebiet
Ein Kilometer Rohrleitung bei „Cargocap“ koste rund 3,3 Millionen Euro, so Stein. Ein Kilometer zweispurige Autobahn dagegen mindestens 30 Millionen, schätzt der Professor.
Stein sucht weiter ein Unternehmen, um sein Projekt zu realisieren. Möglich seien Verbindungen zwischen einzelnen Werken. „Wenn sich dann die Wirtschaftlichkeit unter Beweis stellt, ist es Zeit für den Ernstfall.“
Der Ernstfall ist für Stein der Einsatz von Cargocap in einem Ballungsraum wie dem Ruhrgebiet. „Wir haben mit ,Cargocap’ auch die Chance, neue Gewerbeflächen weitab der Fernstraßen überhaupt erst zu erschließen“, ist er sich sicher.
Ein Gesprächstermin zwischen Dietrich Stein und Verkehrsminister Michael Groschek im Oktober wurde abgesagt. „Herr Stein hat seine Idee in der Vergangenheit öfter vorgetragen, es ist keine neue Entwicklung absehbar“, so Meier. Um den stark steigenden Güterverkehr in der Zukunft aufzufangen, sei stattdessen der Ausbau von Bahnstrecken, Straßen und Wasserwegen geplant.
Dietrich Stein bleibt dennoch optimistisch. Er habe viele Anfragen, auch aus dem Ausland. Im Mai stellte er sein Projekt beim „Inland Transport Committee“ der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen in Genf vor. „Dort war man sehr interessiert und sagte uns zu, uns auch künftig einzuladen, um ,Cargocap’ publik zu machen.“ Seine Vision von der unterirdischen Rohrpost hat Stein noch längst nicht begraben.