Bochum. Zehn Bewerber um den Chefsessel im Bochumer Rathaus saßen auf dem Podium, als die WAZ den OB-Kandidaten-Check veranstaltete.
Beim Umgang mit den Flüchtlingen herrscht Einigkeit: Die Bochumer Willkommenskultur wird über alle politischen Meinungsverschiedenheiten hinaus gelobt und gewürdigt. Ansonsten jedoch gibt es zwischen den OB-Bewerbern mitunter deutliche Unterschiede: zu beobachten beim WAZ-Kandidaten-Check am Donnerstagabend im voll besetzten Stadtwerke-Atrium.
In acht Tagen haben knapp 300.000 Bochumer die Wahl. Erstmals wird das Stadtoberhaupt in einer reinen OB-Wahl gekürt. Zwölf Bewerber (so viele wie in keiner anderen NRW-Stadt) wollen die Nachfolge von Ottilie Scholz antreten. Das Interesse scheint groß: Jeder Zehnte hat bereits per Briefwahl seine Stimme abgegeben. Die WAZ ist schon seit Monaten als Wahl-Lokomotive unterwegs. Zusätzlich zur aktuellen Berichterstattung lässt unsere Zeitung die Kandidaten jede Woche zu wichtigen Einzelfragen zu Wort kommen: um deren Positionen und Ziele aufzuzeigen, aber auch, um sich gegen den dramatischen Sinkflug bei der Wahlbeteiligung (48,5 Prozent bei der Kommunalwahl 2014) zu stemmen.
Die WAZ-Diskussion bot Gelegenheit, die Aspiranten direkt in Augenschein zu nehmen. Mit 230 Lesern war der OB-Check ausgebucht. Zehn Anwärter stellten sich den Fragen von Redaktionsleiter Thomas Schmitt, Stellvertreter Michael Weeke, Mitgliedern des Leserbeirats und der Besucher. Der unabhängige Kandidat Markus Zarske war trotz Zusage nicht erschienen.
Zweifel an Qualifikation
Disziplin war ob des üppig gefüllten Podiums vonnöten. Die Kontrahenten hielten sich an die engen Zeitvorgaben, um darzustellen, wie sie auf dem Rathaus-Chefsessel agieren würden. Die Vertreter der größten Parteien gerieten dabei direkt aneinander. „Sie können sich nicht ständig von ihrer Partei distanzieren und so tun, als hätten sie mit den letzten Jahren nichts zu tun!“, forderte Klaus Franz (CDU) die Verantwortung von Thomas Eiskirch ein. Der SPD-Kandidat indes mochte den Blick nicht zurück richten. „Mein Interesse liegt an dem, was vor uns liegt. Ich will eine Aufbruchstimmung erzeugen.“
Für den Spitzenjob fehle ihm die Qualifikation, musste sich Eiskirch von Punksänger Wolfgang „Wölfi“ Wendland vorhalten lassen. Tatsächlich verfügte der Landtagsabgeordnete weder über eine Ausbildung noch über ein abgeschlossenes Studium, als er in die Immobilienwirtschaft wechselte. „Zwei Prüfungen standen noch an der Uni aus. Aber: Mehr wissen würde ich dadurch heute auch nicht“, entgegnete Eiskirch dem „Kassierer“-Sänger.
Der wird sich in der nächsten Woche einem WAZ-Faktencheck unterziehen müssen. Während der Diskussion hatte Wendland kritisiert, dass die Sparkasse durch das Sponsoring des morgen zu Ende gehenden Zeltfestivals Ruhr die Gewinnausschüttung an die Stadt schmälere. Diese Ausschüttung sei zweckgebunden für soziale und kulturelle Zwecke, widersprach Günter Gleising von der Sozialen Liste.
Wer hat recht? Wir fragen nach.
Debatte um Bezirksvertretungen
Auf Verständigungskurs sind die beiden aussichtsreichsten Kandidaten beim Thema Flüchtlinge und Finanzen. Eine Nutzung der leerstehenden Polizeikaserne am Gersteinring als Flüchtlingsunterkunft (bis zu 200 Plätze) wird nach anfänglicher Ablehnung nun auch von Klaus Franz befürwortet. „Ich habe meine Meinung justiert“, so der CDU-Kandidat. Und: Die von Kämmerer Manfred Busch (Grüne) vorgeschlagene Erhöhung der Grundsteuer B von 645 auf 800 Prozentpunkte scheint vom Tisch. „Die SPD-Fraktion hat sich ebenso wie ich dagegen ausgesprochen. Es wird dafür keine Mehrheit geben“, betonte Thomas Eiskirch.
Für rot-grünen Zündstoff könnte ein Vorstoß von Monika Engel sorgen. Die Grünen-Kandidatin macht sich nicht nur für eine Verkleinerung des Rates stark, sondern will im Zuge des Sparzwangs auch eine Diskussion um die Zukunft der sechs Bezirksvertretungen anstoßen: „Brauchen wir mit 360.000 Einwohnern die gleichen Bezirksvertretungen wie mit 420.000 Bürgern?“
Gut möglich, dass über diese Frage am 22. September im Stadtwerke-Atrium erneut debattiert wird. Kommt es zu einer Stichwahl, wird die WAZ einen zweiten OB-Check veranstalten: dann mit den beiden Kandidaten, die fünf Tage später ins Rennen gehen.
OB-Kandidaten im Faktencheck
1/29
Jens Lücking gewann das Bochum-Quiz
Bevor die WAZ-Podiumsdiskussion am Donnerstag Fahrt aufnehmen konnte, mussten sich die zehn OB-Kandidaten einem Bochum-Quiz stellen. Zwischen Jens Lücking (Freie Bürger) und Wolfgang Wendland (parteilos) entfachte sich ein enges Rennen. Beide hatten sechs von elf möglichen Punkten. Da Lücking als einziger bei Frage 6 die Partnerstädte und die dazugehörigen Länder wusste und somit einen Extrapunkt kassierte, war er der Sieger.
Nur Klaus Franz (CDU) staubte bei dieser Frage ebenfalls zwei Punkte ab und wurde Dritter mit drei Zählern vor den punktgleichen Monika Engel (Grüne), Thomas Eiskirch (SPD) und Günter Gleising (Soziale Liste). Rang 5 holte Horst Hohmeier (Linke), den sechsten Platz teilten sich die parteilosen Kandidaten Omid Pouryousefi und Franz-Josef Ermann mit je einem Punkt. Letzter wurde Wolf-Dieter Liese (AfD). Hätten Sie’s gewusst? (Antwort unten)
1. Wieviele Gemeinden grenzen an Bochum und wie heißen diese?
Richtig antworteten: Engel, Eiskirch, Lücking.
2. In welcher Stadt stand die Jahrhunderthalle zuerst?
Richtig antworteten: Wendland, Hohmeier.
3. Wer und was war Fritz Kortebusch?
Richtig antworteten: Lücking, Gleising, Wendland.
4. Welcher Bochumer Fußballer war Bundesliga-Torschützenkönig und Europameister?
Richtig antworteten: Eiskirch, Engel, Lücking.
5. In welchem Jahr wurde Wattenscheid ein Stadtteil von Bochum?
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.