Bochum. Rund 1500 ehemalige Werksarbeiter sind in den Bochumer Stadtpark gekommen. Viele pflegen die Nostalgie. Die Generation Schließung ist stiller.
Opel wird schöner, je länger es her ist. „Es war danach nicht mehr so gut im Werk“, sagt einer, der 2009 ausschied. „Das war natürlich wunderbares Arbeiten damals“, sagt einer, der 1971 anfing. „Ich hab immer mein Geld gekriegt“, sagt einer, der 36 Jahre dabei war. „Soll ich denn ,Alles Scheiße’ sagen, nur wegen der letzten Jahre?“
Es ist ein wunderschöner Tag im Bochumer Stadtpark, und rund um seine Gastronomie reden, grillen und trinken viele frühere Opelaner; doch schaut man genau hin, dann baden sie vor allem in einer warmen Vergangenheit. „Allemal 1500“, schätzt Errol Faßbender, der dieses erste große Treffen organisiert hat; er selbst musste Opel 2011 nach vielen Jahren verlassen („Ich war im Auspuff“) und machte sich selbstständig mit einer Veranstaltungsagentur. „Ich war auch privat immer so’n Flitzebogen und hab mich am wohlsten gefühlt, wenn es was zu organisieren gab“, sagt der 59-Jährige. Fußballvorstand. Parteibeirat. Opel-Fußballturnier. „Heute mach’ ich dasselbe, nur mit Geld.“
2450 Ex-Opelaner sind noch in der Transfergesellschaft
Alles richtig gemacht, wie es klingt; aber 2450 Ex-Opelaner sind noch immer in der Transfergesellschaft des Tüv Nord und suchen neue Arbeit. „Wir sind ziemlich frustriert“, sagt einer, der seinen Namen nicht nennen will; er meint damit diejenigen, die Ende 2014 aufhören mussten wie das ganze Werk. Sie sind stiller hier beim Klassentreffen, vielleicht auch einfach weniger. „Zuletzt war doch Hauen und Stechen, auch unter den Kollegen.“
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Rainer Einenkel jedenfalls, einst der bekannteste Betriebsrat in ganz Deutschland und jetzt auch beim Tüv Nord auf einer Parkposition, beschreibt die derzeitige Stimmung der Generation Schließung als „die ganze Bandbreite von Bitterkeit bis zum Gefühl, das Kapitel ist abgeschlossen, dann Erleichterung, aber auch Sorge, wie es weitergeht.“
Wenn das Pferd tot ist, soll man absteigen
Kein Thema an diesem Nachmittag. Wenn das Pferd tot ist, soll man absteigen. Stattdessen immer wieder solche Bilder: Männer fallen einander in die Arme, halten fest, beginnen miteinander zu reden Arm in Arm. Nach zehn Minuten beginnt die Suche nach einem anderen bekannten Gesicht. „Wie hieß denn der Kollege, den Sie gerade so herzlich begrüßt haben?“, fragt ein Reporter. „Das war der . . . au, na . . . Baranowski?“
Und sie sagen diese Sätze. Mensch, wie geht’s dir? Wie lang ist das her? Du bist ja noch nicht so alt, ne? Weißt du noch – der Klassiker. Sechs Kollegen von früher hat Michael Koch aus Gelsenkirchen aufgetan, früher Meister Auspuff, heute längst in Altersteilzeit, sie bilden einen festen Kreis unter einem Sonnenschirm. Gerade sagt Michael Koch: „Es war nachher nicht mehr so wie zu unserer Zeit!“ Da gab es ja auch noch den Opel-Kegelclub von Koch.
Alles war gut.
Ein Double für Andrea Berg und Helene Fischer
Gegen Abend kommt es noch zu einem Bühnenprogramm. Petra Schwar aus Münster ist auf der Bühne unterwegs als „Deutschlands beste Andrea Berg“, ruft Moderator Gerd Papke, ein Fernsehstar der 1990er-Jahre. Eine Stunde später gibt dieselbe Petra Schwar auf der Bühne auch noch Deutschlands beste Helene Fischer.
Längst ist Opel so schön.
Am nächsten Tag bekommt Errol Faßbender Anrufe, der Veranstalter. Ex-Kollegen, die sich bedanken wollen. Und bitten, dass er so ein Treffen auf jeden Fall 2016 wiederholt.