Bochum. . Die Dimensionen des Opel-Werks I sind verblüffend. Mit Hochdruck wird daran gearbeitet, den Giganten zu schleifen und den Boden für Neues zu bereiten.
Früher, als es Opel noch gab, hieß das „Werksbesuch“. An diesem Freitag, mehr als sieben Monate nach der Schließung, ist der Blick in die Hallen von Werk I in Laer eine Gemengelage aus sentimentaler Industrieromantik und baffem Erstaunen. Wo sind die Maschinen, wo die Bänder, wo das Werkzeug, mit denen Tausende Opelaner jedes Jahr Zigtausende von Fahrzeugen produziert haben?
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Alles raus, alles leer, alles still. „Die waren gründlich“, schießt es mir durch den Kopf. Es muss eine logistische Meisterleistung gewesen sein, dieses Werk so auszuweiden. „Besenreine Übergabe“, so haben es der Autobauer und die Entwicklungsgesellschaft Bochum Perspektive 2022 als neue Eigentümerin vereinbart.
85.000 Quadratmeter misst die größte Halle
Hunderte von Tiefladern haben abtransportiert, was nicht niet- und nagelfest ist. Entweder brachte Opel es in seine anderen Werke oder der Industrieverwerter Maynards hat es in alle Welt verkauft. Jetzt herrscht Leere. Und meistens Stille, unterbrochen nur von gelegentlichem Hämmern oder anderen, undefinierbaren Geräuschen, die aber beinahe verschluckt werden von der Weite.
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Wie groß diese Größe ist, wird beim Blick vom Dach des Gebäudes D5 sichtbar, über das wir einige Hundert Meter lang gehen und das uns eine Ahnung von der Opel-Welt gibt und uns schauen lässt auf die Welt drumherum. Größe lässt sich auch über Vergleiche erfahren. 85.000 Quadratmeter misst die größte Halle, das Presswerk. Zwölf Jahrhunderthallen würden in sie hineinpassen. Atemberaubend.
Sentimentale Gefühle
Bald ist der erste Teil des Industriegiganten, 235.000 qm misst Bauabschnitt I, Geschichte. In einem Jahr wird hier der Boden bereitet sein für Neues – vermutlich für DHL, das ein Mega-Paketzentrum errichten will. „Die Verhandlungen laufen“, so Prof. Dr. Rolf Heyer, Geschäftsführer der Bochum Perspektive, die aufarbeitet, was Opel hinterlässt. Er ist zuversichtlich, dass bis 2022 das gesamte Gebiet saniert, aufbereitet, erschlossen und zum großen Teil verkauft ist.
Der 61-Jährige durchschreitet, wie alle mit einem Helm bewehrt, mit Sicherheitsschuhen und Warnweste gewappnet, die Beton- und Stahlwüste und gewährt einen Blick in sein Seelenleben: „Wenn ich das sehe, bekomme ich schon ein sentimentales Gefühl. Hier haben 50 Jahre lang Menschen gearbeitet und etwas erschaffen.“
Jetzt wird gebohrt. Die Hertener Firma BuM überprüft mit Hunderten von Bohrungen den oberflächennahen Bergbau. Zur Sicherheit. Mögliche Hohlräume müssten verfüllt werden. Gefunden haben die Geologen nach etwa einem Drittel der Arbeiten aber noch nichts Gefährliches – nur Kohle.
Analysiert werden muss auch der Boden, den nicht Opel, so Heyer, kontaminiert hat, sondern der Bergbau. Um die Fläche zu ebnen, sie hat immer noch ein Gefälle von 20 Höhenmetern, wurde Anfang der 1960er Jahre Abraum von der Zeche Dannenbaum und womöglich auch von anderen Zechen hierhin verfrachtet. Der Begriff Altlast war noch niemandem bewusst. Heute schon, weshalb die Abbruchfirma, wenn sie in einigen Wochen los legt, erst einmal den Kitt aus den Fenstern holen und vieles andere separieren muss, bevor die großen Bagger anrollen. Bis dahin hat Werk I eine Gnadenfrist.