Bochum. Opel bleibt in Bochum ein Thema. Auch und gerade vor dem Arbeitsgericht. Vor allem Schwerbehinderte fühlen sich bei Abfindungen benachteiligt.
Mehr als sieben Monate nach der Schließung seines Werks in Laer beschäftigt Autobauer Opel mehr denn je das Arbeitsgericht Bochum. 240 Klagen sind allein in diesem Jahr nach Auskunft des Gerichts gegen das Unternehmen eingegangen. In etwa der Hälfte aller Fälle geht es um die Abfindungszahlungen an die älteren Beschäftigten. Eine genaue Zahl der anhängigen Klagen könne das Unternehmen nicht nennen, so ein Opel-Sprecher auf WAZ-Anfrage. Gleichwohl räumte er ein, es gebe „eine Reihe von Einzelfällen, in denen unterschiedliche Aspekte juristisch geprüft werden“.
Für 800 Ex-Opelaner waren in dem zwischen IG Metall und Unternehmen ausgehandelten Sozialtarifvertrag individuelle „Pensionsbrücken“ bis zum frühesten Renteneintrittsalter errechnet worden, basierend auf dem Grundsatz, dass sie bis dahin 80 Prozent ihrer zuletzt erhaltenen Nettobezüge bekommen sollten. Über die Höhe der Auszahlungsbeträge ist es bereits Anfang des Jahres in vielen Fällen zu erheblichen Meinungsverschiedenheiten gekommen (die WAZ berichtete).
Zwar habe Opel mittlerweile „Nachbesserungsversuche“ unternommen, so Rechtsanwalt Daniel Balzert, der in den vergangenen Tagen für sieben frühere Opelaner Klagen gegen deren früheren Arbeitgeber eingereicht hat. Aber mit diesen Neuberechnungen sind viele Fälle nicht abgeschlossen.
Schwerbehinderte fühlen sich ungerecht behandelt
Nach wie vor ist zum Beispiel strittig, ob bei den Berechnungen alle Einkünfte eines Mitarbeiters bzw. einer Lebensgemeinschaft berücksichtigt werden. Auch fehlte die Berücksichtigung von im Vorjahr gezahltem Transferkurzarbeitergeld. Vor allem aber fühlen sich Schwerbehinderte bei den Abfindungen von dem Autobauer ungerecht behandelt. Mehrere Dutzend klagen auf Nachzahlungen im höheren fünfstelligen Bereich.
Dazu gehört auch ein Klient von Daniel Balzert, für den es um ausstehende 95.000 Euro geht. Der Hintergrund: Opel zahlt Abfindungen bis zum frühestens Renteneintrittsalter. Da das aber bei Schwerbehinderten schon früher eintritt als bei Nichtbehinderten, fallen die Abfindungen geringer aus. Aus Sicht des Europäischen Gerichtshofs kann das nicht sein. Dass jemand, der älter ist und daher „rentennäher“, weniger Abfindung erhält als ein jüngerer Kollege, sei zwar rechtens. Die frühere Rentenberechtigung Schwerbehinderter dürfe dabei aber nicht berücksichtigt werden. Dies sei diskriminierend.
Darauf pocht auch Daniel Balzert für seinen Klienten. Und womöglich erhält er vor dem Arbeitsgericht Bochum Recht. Das nämlich hat nach Auskunft von IG-Metall-Mann Volker Strehl in einigen anderen, vergleichbaren Fällen bereits für den Arbeitnehmer und gegen das Unternehmen entschieden. Strehl: „Ich gehe allerdings davon aus, dass Opel jetzt den Weg zum Landesarbeitsgericht gehen wird.“