Bochum. . Der Ifak-Vorstandsvorsitzende Ulrich Pieper unterstützt mit dem Syrer Bassel Flüchtlingsfamilien in Bochum. Für beide eine Selbstverständlichkeit.

Bassel hat ein großes Ziel vor Augen. Pharmazie würde der 20-jährige Flüchtling aus Syrien, der seinen Nachnamen aus Angst vor Repressalien für seine Familie nicht gedruckt sehen möchte, in Deutschland gern studieren. Es wird ein weiter Weg dahin. Bassel hat beschlossen, nicht einfach nur zu abwarten, sondern sich nützlich zu machen, indem er nachmittags andere Flüchtlingsfamilien unterstützt. Mit Ulrich Pieper, dem Vorstandsvorsitzenden des multikulturellen Vereins Ifak, schleppt der 20-Jährige dann Möbel, Küchenzeilen und Elektro-Geräte, holt sie ab bei Menschen, die sie nicht mehr brauchen und liefert sie ab bei denen, bei denen die Not groß ist. „Wir müssen den Leuten helfen“, sagt Bassel selbstlos. Inzwischen hat der Umzugsservice der beiden enorme Ausmaße angenommen, müssen Einrichtungsgegenstände zwischengeparkt werden. „Dass wir einmal eine Lagerhalle brauchen, hätte ich nicht gedacht“, sagt Pieper. Für „unverzichtbar“ hält er die Hilfe seines Mitstreiters, der sich dank seiner guten Arabisch- und Kurdisch-Kenntnisse mit vielen Flüchtlingsfamilien verständigen kann.

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Dass er einmal in Deutschland stranden würde, hätte sich der Flüchtling im Dezember 2013 wohl nicht träumen lassen, so unbeschwert verlief die Einreise: Mit einem Studenten-Visum der deutschen Botschaft in der Türkei ging es vom Flughafen Istanbul nach Düsseldorf und dann nach Bochum, wo ein Freund des Vaters lebte. Während Bassel Deutsch büffelte und die Eltern Geld schickten, wurde die Lage in seinem Heimat-Städtchen nahe der syrisch-türkischen Grenze immer unübersichtlicher und schlimmer. Schließlich überwies die Familie nichts mehr „und damit brach alles zusammen, was mit Geld zusammenhängt“, erklärt Ulrich Pieper das Schicksal seines Schützlings: „die Versicherung, die Wohnung, der Deutsch-Kurs, das Leben...“

Eigene Wohnung über das Jobcenter

Bassel hat Glück im Unglück: Als Ulrich Pieper von dem Fall hört, nimmt er den Flüchtling bei sich in der Wohnung auf, wo der 20-Jährige jetzt im Wohnzimmer schläft. Der Ifak-Vorsitzende, hauptberuflich Lehrer für Deutsch und Mathematik an der Merian-Gesamtschule in Wattenscheid, würde sich wünschen, dass andere seinem Vorbild folgen: „Ich habe viele Bekannte, bei denen die Kinder aus dem Haus sind. Die haben Platz.“ Pieper hilft Bassel auch bei den Formalia in der neuen Heimat. Seit kurzem hat der Syrer den Status als anerkannter Flüchtling. Über das Jobcenter könnte der 20-Jährige in einiger Zeit eine eigene Wohnung finanziert bekommen. Und bald auch den Deutsch-Kurs fortsetzen, dessen erfolgreicher Abschluss für den Beginn des Studiums obligatorisch ist.

Einmal im Monat telefoniert Bassel mit seiner Familie, eine kleinere Schwester hat er noch. Vermisst er die alte Heimat? „Natürlich“, antwortet Bassel. „Zurück kann er nicht mehr“, sagt Pieper, „Bassel hat sein Land verlassen.“ Unter anderem habe er sich auch der Wehrpflicht entzogen, im Land herrsche Chaos. Der 20-Jährige ist zuversichtlicher: „Ich möchte erstmal studieren, dann arbeiten, dann ein Haus bauen und eine Familie gründen“, sagt Bassel und lacht. In welchem Land? „Nach dem Studium muss ich gucken“, meint Bassel. Nach Deutschland hat er es in drei Stunden geschafft. Ein möglicher Rückweg wird ihm wohl auf Jahre versperrt bleiben.