Bochum. Was 1986 mit Reinhild Hoffmanns Compagnie begann, findet nun mit Renegade in Residence seine zeitgemäße Fortsetzung.

Tanztheater ist eine ganz eigene Kunst: Jenseits des klassischen Ballettkanons lässt es Ausdrucksformen zu, die im besten Fall tiefe Gefühle im Zuschauer wachrufen, Impressionen in Emotionen verwandeln. Zwar ist das Schauspielhaus eine Sprechbühne, gleichwohl spielt(e) der Tanz hier immer eine Rolle. Besonders deutlich in den letzten vier, fünf Jahren.

Das Bochumer Stadttheater und die aus Herne stammende Compagnie Renegade waren bislang Kooperationspartner, ab der neuen Saison haben sich beide Kulturinstitutionen noch fester verbunden. So werden die jungen Tänzer in der Theater-Dependance „Zeche 1“ in Weitmar eine eigene Probe- und Aufführungsstätte bekommen. Aber auch das Schauspielhaus bleibt Bühne für Tanz.

Compagnie Hoffmann tanzte bis 1995

Das Neben- und Miteinander von Tanz und Schauspiel ist noch gar nicht so alt. 1986 war es, als Intendant Frank-Patrick Steckel das Experiment erstmals wagte; mit der Choreographin Reinhild Hoffmann holte er eine Top-Kraft nach Bochum. Deren Compagnie lieferte in den Folgejahren mit Aufführungen wie „Machandl“, „Ich schenk’ mein Herz“, „Von einem der auszog“ und „Hof“ Tanz-Abende ab, von denen Bochums Theatergänger heute noch sprechen.

Was ambitioniert begann – es ging immer auch um den Versuch, die so unterschiedlichen Bühnensparten Schauspiel und Tanz näher zusammenzubringen – endete ziemlich profan: 1995 verordnete Kulturdezernentin Ute Canaris das Aus fürs Tanztheater. Kein Geld mehr dafür; und das war’s dann.

Erfolgreiche Neufassung von „Ruhr-Ort“

Fast 30 Jahre später wurde die alte Liaison neu belebt. Intendant Anselm Weber vermittelte 2010 und 2011 mit Malou Airaudo eine Tänzerin und Choreographin ans Haus, die keine Berührungsängste zwischen Modern Dance und Street Dance kennt. Ihre eindrücklichen Inszenierungen „Irgendwo“ und „Der verlorene Drache“, die beide Tanzarten mal spielerisch, mal grüblerisch verknüpften, waren veritable Publikumserfolge.

Nicht minder gefragt war 2014 die mit Renegade-Akteuren realisierte Wiederaufnahme von Susanne Linkes 1991er Tanz-Klassiker „Ruhr-Ort“, der die Kammerspiele in eine lärmende, schwitzende Welt der Arbeitsmänner und Maschinen verwandelte: beeindruckend, ergreifend, packend. Spätestens mit dieser gefeierten Neufassung war Bochum als Tanzstadt wieder in aller Munden.

Auf dass dies so bleibe, mag man ausrufen, und sich der Ruhm des Hauses mehre! Mit der Renegade-Kooperation besteht in dieser Hinsicht Hoffnung. Bochum tanzt!