Bochum. Ein detaillierter Aktionsplan sieht Pilotprojekte auf vier Straßenabschnitten vor. Zudem soll Flüsterasphalt die Belastung von Anwohnern reduzieren.
Der von Herbert Grönemeyer besungene Pulsschlag aus Stahl („man hört ihn laut in der Nacht“) ist fast verstummt. Aber Bochum ist immer noch eine laute Stadt. Seit fünf Jahren beschäftigt sie sich mit der Frage, wie die Belastungen von Anwohnern durch Verkehrslärm von Schiene und Straße gesenkt werden können. Jetzt sind Maßnahmen in Sicht. So sieht ein detaillierter Lärmaktionsplan vor, einzelne Abschnitte auf vier stark befahrenen Straßen im Stadtgebiet in Tempo-30-Zonen umzuwandeln.
Dies soll nach Berechnungen der Verwaltung und des beauftragten Gutachterbüros Lärmkontor aus Hamburg zu einer spürbaren Lärmreduzierung und Entlastung der Anwohner führen. So würde auf dem Abschnitt der Hattinger Straße zwischen Hasenwinkler Straße und Dr.-C.-Otto-Straße in Dahlhausen der Lärmpegel um bis zu sieben Dezibel (dB) sinken.
Vier Pilotbereiche festgelegt
98 Prozent der betroffenen Anwohner, die bislang einer Belastung von jenseits der 70 dB ausgesetzt sind, würden davon profitieren. An der betreffenden Stelle wurden bis zu 77 dB gemessen – auf einer Lärmskala liegt das zwischen Büro und Haushaltslärm (70 dB) und im Gewerbe vorgeschriebenen Gehörschutz (85 dB).
Lärm ist seit fünf Jahren ein Thema
Mit einer Lärmkartierung hat die Stadt 2010 begonnen, den durch Straßen- und Schienenverkehr ausgelösten Umgebungslärm zu erfassen. 230 Personen haben mittlerweile im Rahmen der öffentlichen Beteiligung Maßnahmen zur Lärmminderung vorgeschlagen. Die Vorschläge sind in die Untersucherungen des beauftragten externen Gutachterbüros Lärmkontor aus Hamburg eingeflossen.
Die ausgemachten 50 Lärmschwerpunkte im gesamten Stadtgebiet mit den größten Belastungen waren Gegenstand von Gesprächen an „Runden Tisch“ auf Bezirksebene.
Im Februar 2014 hat der Ausschuss für Infrastruktur und Mobilität die Prüfung der vorgeschlagenen Maßnahme beschlossen. Die Ergebnisse sind in detaillierten Lärmaktionsplan eingeflossen. Der Plan wird im Mai öffentlich ausgelegt, am 1. Oktober soll der Rat darüber entscheiden.
Insgesamt wurden vier Pilotbereiche festgelegt, neben der Hattinger Straße gehören dazu Abschnitte der Essener Straße (Weitmar), des Harpener Hellweg (Grumme) und der Günnigfelder Straße (Wattenscheid). Die Überprüfung der neugestalteten Oskar-Hoffmann-Straße (Mitte) steht noch aus. Ein Abschnitt der ebenfalls vorgesehenen Bahnhofstraße (Wattenscheid) bleibt von dem Projekt ausgeschlossen, da eine Temporeduzierung zu einer starken Verlagerung des Verkehrs auf die Otto-Brenner-Straße führen würde. Ob die Begrenzung auf Tempo 30 von Dauer sein wird, hängt ab von Kontrollen der Werte für Lärmminderung und Verkehrsverlagerung.
Aber nicht nur langsameres Fahren soll den Lärm mindern. Zum Aktionsplan gehört auch der Einbau lärmmindernder Straßenbelage. Für fünf Pilotbereiche werden dazu 1,3 Millionen Euro aus dem Haushalt 2016 zur Verfügung stehen. Weitere Maßnahmen sind veränderte Fahrbahnquerschnitte. „Hierzu plant die Stadt kontinuierliche Investitionen in die Radverkehrsinfrastruktur“, heißt es im Entwurf zum Aktionsplan. Auch die Nutzung des Park+Ride-Parkplatzes an der Herner Straße in Riemke mit maximal 220 Plätzen ist Teil des Plans.
Tempo-30-Zonen werden den Verkehr zum Teil verlagern
Tempo-30-Zone
Hattinger Straße (Hasenwinkler Straße bis Dr.-C.-Otto-Straße): Zwischen 5000 und 10 000 Fahrzeuge pro pro Tag, die Tempobeschränkung würde eine Reduzierung um bis zu 2900 Fahrzeuge bringen. Der Lärm wird um bis zu 7 dB reduziert. Die Verkehrsverlagerung auf die Wuppertaler Straße ist gewünscht, die auf die Lindener Straße um bis zu 290 Fahrzeuge täglich vertretbar.
Essener Straße (Gotenstraße bis Eugenstraße): Bis zu 23 000 Fahrzeuge nutzen den Abschnitt täglich, bis zu 800 weniger sollen es durch die Maßnahme sein – dB-Reduzierung um 2 bis 3. Der Verkehr auf der Goldhammer Straße würde zunehmen. Bewertung: Die Maßnahme allein reicht nicht, um die Gesundheitsgefahren der Anwohner zu 100 Prozent abzuwenden. Langfristig ist der Verkehrsbereich neu zu planen.
5000 und 7000 Fahrzeuge fahren hier täglich
Günnigfelder Straße (Kreisverkehr bis Aschenbruch): Zwischen 5000 und 7000 Fahrzeuge fahren hier täglich, mit Tempo 30 sollen es bis zu 2700 Fahrzeuge weniger sein. Zu erwarten ist nach Einschätzung der Experten eine Verkehrsverlagerung auf die Friedhofstraße.
Harpener Hellweg (Maischützenstraße bis Am Ruhrpark): Bis zu 10 000 Fahrzeuge fahren täglich auf dem Abschnitt, die Geschwindigkeitsbegrenzung soll für eine Senkung um 1000 Fahrzeuge sorgen. Tempo 30 soll aber nur nachts gelten, über die Ampel-Steuerung soll tagsüber für eine „grüne Welle“ bei Tempo 30 gesorgt werden.
Lärmmindernder Straßenbelag
Poststraße bis Brücke Gemeindestraße: Die Baukosten werden auf 100 000 Euro beziffert, die Einnahmen aus kommunalen Abgaben (KAG) liegen bei etwa 60 000 Euro; die Umsetzung der Maßnahme ist von Sommer 2015 an vorgesehen.
Gahlensche Straße (Overdycker Straße bis Dorstener Straße): Baukosten 250 000 Euro, KAG-Einnahmen 50 000 Euro.
Westenfelder Straße (Lohacker Straße bis Otto-Brenner-Straße): Baukosten 610 000 Euro, KAG-Einnahmen 122 000 Euro.
Werner Hellweg (Wittener Straße bis Havkenscheider Straße): Baukosten 560 000 Euro, KAG-Einnahmen 112 000 Euro.
Wasserstraße (Stensstraße bis An der Holtbrügge): Baukosten 200 000 Euro, KAG-Einnahmen 40 000 Euro; Umsetzung voraussichtlich von Herbst 2015 an.