Bochum. Im Bergbaumuseum dürfen Schülerinnen einen Presslufthammer bedienen. Aktivitäten auch bei der Agentur für Arbeit.
Rebecca hält das Spitzeisen an den Beton und setzt den Abbauhammer in Gang. Er rutscht immer wieder ab, der Beton bröselt. „Halt ihn etwas senkrechter“, weist Bergmechaniker David Jaensch die 13-Jährige an. Wer im Straßenbau schon einmal einen Presslufthammer erlebt hat, weiß wie ein Abbauhammer klingt und wie viel Kraft in diesem Gerät stecken muss.
Zwölf Mädchen durften am „Girls Day“ im Bergbaumuseum das rund acht Kilo schwere Werkzeug ausprobieren.
Sie müssen schon kämpfen, um das Ungetüm in den Griff zu bekommen und „ein bisschen Angst“ ist auch dabei. Das allerdings liege nicht daran, dass es Mädchen sind sagt Bergmechaniker Nicolas Twardy. „Wir machen hier ab und an Schulungen für Spezialeinsatzkommandos der Polizei. Auch für erwachsene Männer ist es schwierig, wenn sie den Abbauhammer noch nie bedient haben.“
Am Ende befreit die 13-Jährige den Metallzylinder aus der Mitte des Betons, in dem ein Schatz verborgen ist. Leider hat der Abbauhammer die Brocken Steinkohle, Eisenerz und Salz pulverisiert.
Interesse an "Männerjobs"
Nicht nur unter Tage machen die Mädels Bekanntschaft mit tendenziell männlichen Berufen. In den Werkstätten des Bergbaumuseums schnuppern sie beim Schreiner, bei der Malermeisterin, bei den Modellbauern und beim Elektroniker hinein. Am Ende halten sie einen selbstgemachten, in Holz gerahmten Abdruck der Schutzpatronin der Bergleute, der heiligen Barbara, in den Händen. Es scheint, die Malerei mit Katrin Trojahn und die Holzarbeiten mit Klaus Winkler kommen recht gut an, doch noch sind die Mädels nicht festgelegt. Auch der Abbauhammer hat seinen Reiz. So schafft der „Girls Day“ neue Perspektiven: „Es wäre doch interessant, nicht in einem typischen Frauenberuf zu arbeiten“, begründet die elfjährige Ronja ihr Interesse an den Schnupperkursen.
Darum geht es auch bei der Agentur für Arbeit. In Kooperation mit dem ZDI-Netzwerk IST.Bochum.NRW und unterstützt durch die Tüv Nord Bildung Opel GmbH bietet sie an diesem Tag „drei spannenden Aktivitäten“ für 18 Mädchen an. Es geht um einen selbstgestalteten Einkaufswagenchip, der später im 3D-Drucker entsteht, um ein Windrad und die Funktionsweise eines Schrittmotors. „Interessant“, findet Vanessa (13) das. Einen typischen Männerberuf will sie später nicht unbedingt ergreifen. „Ich will Polizistin werden.“ Michelle (14) hat sich noch nicht festgelegt. „Wir hatten an der Schule Berufs-Vorbereitungswochen. Ich habe einige Berufe kennengelernt. Es bringt ja auch was, wenn man weiß, was man nicht machen möchte.“
Mädchen und Jungs schnuppern in ferne Fachwelten
Gleichberechtigung im Beruf ist noch längst kein Alltag. Fachkräftemangel hingegen schon. Seit 2001 arbeitet der Verein Kompetenzzen-trum Technik-Diversity-Chancengleichheit daran, dass Mädchen besser auf den Arbeitsmarkt vorbereitet werden. Seit 2011 gilt das Gleiche für Jungs am „Boys Day“, die sich dann in typischen Frauenberufen, vorwiegend im sozialen Umfeld, umschauen können. Die Initiative findet breite Unterstützung in den Bundesministerien und wird von zahlreichen Unternehmen und Institutionen umgesetzt. Seit 2011 nahmen schon mehr als 130 000 Jungen an rund 20 000 Boys’Day-Angeboten teil. Im Jahr 2014 erkundeten rund 103 000 Mädchen Angebote in Technik und Naturwissenschaften, mehr als 9000 Angebote von Unternehmen und Organisationen waren registriert.
Bundeskanzlerin begrüßte Mädchen
Am Donnerstag öffneten Unternehmen, Betriebe und Hochschulen in ganz Deutschland ihre Türen für Schülerinnen ab der 5. Klasse. Die Mädchen lernten Ausbildungsberufe und Studiengänge in IT, Handwerk, Naturwissenschaften und Technik kennen, in denen Frauen eher selten vertreten sind. Oder sie begegneten weiblichen Vorbildern in Führungspositionen aus Wirtschaft und Politik. Auch Angela Merkel, promovierte Physikerin, begrüßte Mädchen am Mittwoch im Bundeskanzleramt.