Bochum. . Auch in Bochum gibt es Lehrer, Eltern, Schüler, die G8 nicht wollen. Sie haben Unterschriften gesammelt. Am Montag werden sie im Landtag abgegeben.

Wie viele Mitstreiter sie nun ganz genau haben, wissen sie nicht. „Wenn wir aber nur danach gehen, wie viele Menschen sich bei unseren Unterschriftenaktionen in der Innenstadt beteiligt haben“, sagt Jonas Klaiber-Lodewigs (45), „dann haben sehr viele die gleiche Meinung wie wir. Wir wollen, dass das Land Nordrhein-Westfalen wieder zum Abitur nach neun Jahren zurückkehrt.“

Zusammen mit seiner Frau Sigrun (47) und Hartmut Dicke (48) ist er Mitglied in einer Elterninitiative, die in ganz NRW aktiv ist. Mehr als 72.000 Stimmen sammelte die Initiative. Sie werden derzeit geprüft. 66.000 Stimmen sind zunächst nötig, damit sich der Landtag erneut mit dem Thema G8/G9 befasst. Das ist das Ziel der Initiative. Am kommenden Montag, 20. April, werden alle Unterschriften im Landtag übergeben.

G8 erwartet hohes Maß an Fleiß

Jonas Klaiber-Lodewigs sieht zwar keine Partei, „die von sich glaubt, dass eine erneute Diskussion um dieses Thema etwas bringt. Ich wüsste auch nicht, ob sie den Mut hätten zu sagen, wir haben Mist gebaut“. Gleichwohl will er nicht aufgeben. Zu wichtig ist ihm das Thema, zu groß sei der Druck für Schüler, Eltern, Lehrer durch die Verkürzung der Schulzeit. „G8 funktioniert nicht“, sagt Sigrun Lodewigs, Lehrerin an einem Gymnasium in Herne.

„Unsere Tochter geht in die dritte Klasse. Sie hätte die Eignung aufs Gymnasium zu gehen. G8 erwartet aber ein so hohes Maß an Fleiß, dass es nicht gut wäre. Ich sehe das doch als Klassenlehrerin. Die Auslese geht nur noch nach Fleiß, nicht mehr nach Begabung. Da fallen gerade dann Jungs hintenrüber.“ Auch das Argument, dass eine erneute Umstellung viel Zeit in Anspruch nehmen würde, will sie nicht gelten lassen. „In Niedersachsen hat das mit der Rückkehr zu G9 auch schnell funktioniert.“

Weniger Freizeit

Ihr Mann hält das für zwingend nötig. „G8 ist schlecht“, sagt er. „Die Kinder haben weniger Freizeit, sollen aber den Lernstoff schneller aufnehmen. Das größte Problem ist, dass sie sich nicht zu selbstbewussten, kritischen Menschen entwickeln können. Das geht nicht über Arbeitsgemeinschaften. Politisches Engagement ist nicht mehr so einfach möglich. Und die Institutionen klagen doch schon, dass ihnen die Gymnasiasten fehlen. Wir bekommen durch G8 einen Haufen leistungsstarker Kinder, die ihre Persönlichkeit nicht entfalten können.“

Das befürchtet auch Dicke, Vater von drei Kindern. „Zwei gehen auf das Gymnasium. Ich hatte erst wenig mit der Initiative zu tun. Als ich dann aber gemerkt habe, wie hoch die Beanspruchung für meine Kinder ist, dass sie keine Freizeit mehr haben, weil sie oft am Nachmittag Unterricht haben oder an AGs an der Schule teilnehmen, habe ich mich aktiv beteiligt. Dabei habe ich festgestellt, dass viele unsere Meinung haben. Sie brauchen eben die Möglichkeit sich zu Wort zu melden.“

Das ging/geht mit der Initiative. Jetzt soll das Ergebnis des Stimmensammelns feststehen. „Am Montag wissen wir mehr“, sagt Jonas Klaiber-Lodewigs. „Und selbst wenn die Initiative scheitert, kann man weitermachen. Und wenn es funktioniert, muss man erst recht weitermachen. Es wären ja auch Zwischenlösungen möglich.“