Bochum. . Die Wamser + Batra GmbH hilft Unternehmen, sich in Indien erfolgreich zu behaupten. Der Absatzmarkt ist verheißungsvoll.
„Indien ist ein Riese.“ Und auf absehbare Zeit, davon ist Dr. Johannes Wamser überzeugt, „wird es einer der bedeutendsten Absatzmärkte werden“. Wenn das jemand beurteilen kann, dann ist es der 40-jährige Unternehmer aus Grumme. Er kennt das Land, seine kulturellen Besonderheiten, das Wirtschaftssystem mit all seinen Strukturen und Verstrickungen und er kann das Potenzial nicht zuletzt für deutsche Unternehmen auf dem indischen Markt einschätzen.
Es ist immens. 1,3 Milliarden Menschen, die Hälfte unter 25 Jahre alt, verheißen ein großes Potenzial. Seit 2004 betreibt Wamser gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Mike Batra ein Beratungsunternehmen, das sich mit der Planung, Umsetzung, Kontrolle und Optimierung von Geschäftsaktivitäten und Projekten in Indien beschäftigt. Sie sind Experten in vielen ökonomischen Fragen, die eines der größten Länder der Erde betreffen.
Typisch für viele Aufträge ist ein Projekt, das dieser Tage viel Arbeitskraft bindet. Ein großes Chemie-Unternehmern hat die Wamser + Batra GmbH beauftragt, eine Krisensituation an einem seiner Standorte zu lösen. „Zu 95 Prozent werden die Besonderheiten Indiens massiv unterschätzt“, sagt Wamser. Viele Firmen müssten erst durch ein Tal der Tränen gehen. Nicht wenige seien gescheitert – Konzerne ebenso wie Mittelständler.
Export von Technologie
Wissen müsse man, dass Inder selten direkt kommunizieren, dass Hierarchien immer noch extrem ausgeprägt sind oder das die mittelständische Wirtschaft von Familienclans geführt wird. Auch ist Indien anders als etwa China in der Regel kein geeigneter Standort, um dort Produkte günstiger als im Heimatland zu produzieren und dann wieder zu exportieren.
„Es geht in 90 Prozent aller Fälle darum, Technologie Made in Germany zu verkaufen.“ Auch Unternehmen aus Bochum sind dort aktiv: die Industriearmaturen-Hersteller Klaus Union oder Bomafa etwa, Spezialmaschinenbauer Eickhoff oder Werkzeugproduzent Wollschläger.
Begonnen hat für Wamser alles 2004 mit einem Auftrag von Volkswagen. „Ich bin einer der Gründe, warum VW da ist wo es jetzt ist“, sagt er. „Nicht der einzige Grund, aber einer der Gründe.“ Er hat dem Autokonzern bei der Standortsuche geholfen. VW war auf ihn aufmerksam geworden, weil er zuvor in seiner Doktorarbeit 45 indische Standorte und etwa 700 Firmen miteinander verglichen hat. Eine Zusammenstellung, die es zum damaligen Zeitpunkt so nicht gegeben hat.
Mit einem VW-Auftrag fing alles an
Es waren Aufbruchjahre auch für den jungen Doktor der Wirtschaftsgeografie. „Ich fühlte mich noch wie ein Student. Mein Vater musste mir zeigen, wie ich eine Krawatte binden muss“, erinnert er sich an seine erste Dienstreise nach Wolfsburg. Immerhin hat er damals schon eine wegweisende Entscheidung getroffen. Er verpflichtete erfahrene Manager mit Indien-Erfahrung. Nicht zuletzt ihre Kenntnisse machen den Unterschied im Beratungsangebot aus. „Wir verkaufen gar keine Dienstleistung. Sondern wir verkaufen vor allem Persönlichkeiten mit ihren Erfahrungen.“
Mittlerweile haben sich die Arbeitsbereiche von Wamser + Batra gewandelt: weg von der Marktanalyse hin zur Planung und Umsetzung konkreter Projekte. Gelernt hat Johannes Wamser unter anderem, „dass sie nie annehmen können, dass die Prozesse, wie sie sie vereinbart haben, auch so aufgehen“. Flexibilität ist wichtig und die Fähigkeit, emotionale Ausnahmesituationen aushalten und einschätzen zu können.
„Indien ist ein Land, wo Euphorie und Frustration manchmal im Sekundentakt wechseln kann.“ Wichtig sei vor allem, die Dinge nicht primär mit deutschen Augen zu sehen – und sie richtig einzuordnen. Schwierigkeiten, so Wamser, entstünden nicht selten, weil die Erwartungshaltung nicht mit der Realität in Einklang zu bringen ist oder weil die Informationen über Indien nicht 100-prozentig stimmen. Das gelte für die Euphorisierung rund um die Hannover-Messe 2006, als Indien Partnerland war und als besonders verheißungsvoller Absatzmarkt galt, ebenso wie das Negativimage, das durch die zahlreichen Fälle von Vergewaltigungen und das in Indien scheinbar geltende Frauen-Bild ausgelöst wurde.
Besser als eine schicke Adresse ist ein unverstellter Blick
Die Branche hat einige Fixpunkte. Wer in der Unternehmensberatung etwas auf sich hält, auf dessen Visitenkarte stehen Städtenamen wie Frankfurt, Düsseldorf oder München. Dr. Johannes Wamser und Mike Batra haben sich dagegen entschieden, sich in den Beratermetropolen niederzulassen. „Wenn man so möchte, hat das mit unserem Image zu tun“, so Johannes Wamser.
Ein bisschen näher dran am Mittelstand zu sein, näher dort, „wo noch die Ärmel hoch gekrempelt werden“, entspreche mehr dem Selbstverständnis der Firma als eine schicke Adresse an Rhein, Main oder Isar. „Uns ist es wichtig, dass wir authentisch sind.“ Bochum sei ein Ort, der es möglich mache, sich nicht verstellen zu müssen.
Weder beruflich noch persönlich. Gebürtig ist Johannes Wamser Rheinländer, geboren wurde er in Bergisch-Gladbach. „Aber Bochum ist meine Heimat“, sagt er. 1995 zum Studium in die Stadt gekommen, fühlt sich der Wirtschaftsgeograf hier längst heimisch. Er schätzt die Mischung aus Großstadtatmosphäre und bisweilen dörflichen Strukturen, wie er sagt. Er mag es, zu Fuß von zu Hause ins Büro zu schlendern, buchstäblich nebenan gemeinsam mit Frank Goosen die C-Juniorenkicker von Arminia Bochum zu trainieren und sich mit den meisten Menschen offen austauschen zu können.
Ein bisschen Miesepetrigkeit
Bewahrt hat er sich trotz aller Euphorie und Heimeligkeit einen kritischen Blick. Bochum mache sich bisweilen schlechter als es sei. „Ein bisschen Miesepetrigkeit gehört hier offensichtlich dazu.“ Dennoch sagt der 40-Jährige: „Das ist eine tolle Stadt.“ Gibt es eine bessere Botschaft an die Welt da draußen? Wohl kaum. Wobei sich der berufliche Blick nach draußen bei „WB“, bei Wamser + Batra, vornehmlich auf Indien konzentriert.
Warum Indien? Bei Mike Batra lag die Sache beinahe auf der Hand. Er hat indische Wurzeln und sich nach einem Studium in London und Damaskus dazu entschlossen, ein Unternehmen in Indien aufzubauen. Bei Johannes Wamser fungierte dessen ehemaliger Uni-Professor als Ideenstifter. Er hat den Studenten auf das Thema Asien gebracht. „Und dann habe ich relativ schnell erfahren, dass es im deutschsprachigen Raum gar nicht so viele wirtschaftsrelevante Informationen über Indien gab“, sagt er. Mit seiner Diplomarbeit und erst recht mit seiner Dissertation über Standortbedingungen für ausländische Investoren in Indien sollte sich das ändern. Für ihn war es der optimale Einstieg in die Berufswelt.