Bochum. . Marcus Mühlig gehört zu denen, die für ihr Kind eine Zeit lang aus ihrem Beruf ausgestiegen sind. Die Tendenz bei großen Arbeitgebern ist teilweise steigend.
Wenn seine Kollegen bei der Knappschaft morgens ihren PC hochfuhren, machte sich Marcus Mühlig (44) auf ins Kinderzimmer, um seinen acht Monate alten Sohn fertig für den Tag zu machen. Mühlig war einer der Väter, die die „Elternzeit“ und das staatliche „Elterngeld“ in Anspruch genommen haben. „Es war eine superschöne Zeit, die ich nicht missen möchte. Zumal man auch die Entwicklung des Kindes mitbekommt.“
Bei kleinen Betrieben ist Elternzeit oft noch ein Problem wegen Ersatzmangel. Bei großen Betrieben aber ist sie mittlerweile Alltag. Beispiel Ruhr-Uni (ca. 5800 Beschäftigte): „Wir haben festgestellt, dass Elternzeit zunehmend von Vätern wahrgenommen wird“, sagt der stellvertretende Personaldezernent Jürgen Weituschat. Das reiche vom Professor bis zum Verwaltungsmitarbeiter. Im Vorjahr hätten an der Uni rund 150 Angestellte Elternzeit gehabt, davon ein Drittel Männer. Solche Anträge würden „ganz bewusst bewilligt“.
„Was kann es Schöneres geben“
Weiteres Beispiel Bochumer Polizei (ca. 1900 Beschäftigte): In diesem Jahr haben schon 17 Polizisten Elternzeit beantragt, acht stecken schon drin. Tendenz: steigend: Polizeisprecher Guido Meng: „In unserem Haus freuen wir uns für jede Kollegin und jeden Kollegen, die von diesem attraktiven Angebot Gebrauch machen.“
Elterngeld und „ElterngeldPlus“
Das Elterngeld wird an Väter und Mütter für maximal 14 Monate gezahlt. Beide können den Zeitraum frei untereinander aufteilen. Ein Elternteil kann dabei mindestens zwei und höchstens zwölf Monate für sich in Anspruch nehmen.
Die Elterngeld-Höhe richtet sich nach dem Einkommen vor der Geburt des Kindes und beträgt etwa zwei Drittel davon (höchstens 1800 Euro). Es gibt auch das „ElterngeldPlus“: Das ist maximal halb so hoch, wird aber doppelt so lang gezahlt.
Zurück zur Knappschaft, zu Marcus Mühlig. Aktuell nehmen in Bochum (3700 Beschäftigte) sieben Väter Elternzeit in Anspruch. Damit sind Männer zwar noch in der absoluten Minderheit gegenüber den Frauen, die Elternzeit nehmen. Mühlig jedoch wird bald „definitiv“ ein zweites Mal in Elternzeit gehen, denn vor einigen Tagen ist er zum zweiten Mal Vater geworden.
Erfahrung hat er mittlerweile genug mit der Vollbetreuung eines Kindes, denn sechs Monate lang hatte er seinerzeit seinen heute zweijährigen Sohn komplett versorgt, während seine Frau berufstätig war. Insgesamt, auch wenn Kinder naturgemäß mal schreien, sei es für ihn aber nicht anstrengend gewesen. Vielmehr erinnert er sich an Momente wie diese: „Morgens durch den verschneiten Wald zu gehen, blauer Himmel, Sonnenschein, und das Kind lacht einen mit zwei Dosenöffnerzähnen aus dem Kinderwagen an - was kann es Schöneres geben.“
Bei der Stadt (5750 Beschäftigte) haben im Vorjahr 31 Männer Elternzeit gehabt, im Schnitt 2,6 Monate. Bei BP in Bochum (900 Kräfte) hat sich in den vorigen vier Jahren jeweils eine niedrige zweistellige Zahl Männer eine Auszeit fürs Kind genommen; im Schnitt drei Monate und auch Führungskräfte.