Essen. Eine Mutter nimmt sich für ihr Baby Elternzeit. In ihrer Abwesenheit findet der Chef Ersatz und teilt ihr die bevorstehende Kündigung per Mail mit.
Eine Frau ist erfolgreich im Job, wird schwanger, nimmt Elternzeit und bekommt die Kündigung: Den Fall der Münchener Art-Direktorin, die mit einer Mail vom Chef in ihrer Elternzeit erfuhr, dass sie nach Rückkehr in den Job die Kündigung bekommen wird, hat das Medienmagazin W&V veröffentlicht. Die 39-jährige habe schon viele Jahre in der Kreativbranche gearbeitet. Zuletzt bei einem kleinen Unternehmen. Das ist ihr mit der Geburt ihres Kindes zum Verhängnis geworden. Denn kleine Unternehmen, mit weniger als zehn Mitarbeitern können ohne Angabe von Gründen ihren Angestellten kündigen, erklärt der Arbeitsrechtler Alexander Bredereck, der Arbeitnehmer in Essen und Berlin vor Gericht vertritt.
Die Bindung zum Mitarbeiter geht verloren
Dass der Hinweis auf die bevorstehende Kündigung ausgerechnet in der Elternzeit kommt, wo der feste Job vielleicht Voraussetzung dafür war, die Kinderplanung erst voran zu treiben, ist bitter. Doch die Kündigung, die nach der Rückkehr in den Beruf schon auf dem Schreibtisch wartet, ist keine Seltenheit, weiß Bredereck. „Bei körperlicher Abwesenheit vom Arbeitsplatz lockert sich die Bindung“, erklärt der Fachanwalt.
„Ein Chef kommt ins Überlegen, wen er entlässt. Denjenigen, der jeden Tag mit ihm im Büro sitzt, oder denjenigen, den er seit Monaten nicht gesehen hat.“ Deshalb habe der Gesetzgeber den Kündigungsschutz in der Elternzeit geschaffen. Eine Kündigung kann dann nicht durchgesetzt werden. Selbst wenn triftige Gründe vorliegen, wie eine Insolvenz oder eine Schließung des Betriebs, muss der Arbeitgeber die Zustimmung für die Kündigung von der zuständigen Bezirksregierung einholen.
Kündigungsschutz endet mit der Elternzeit
Mit der Rückkehr in den Beruf sind junge Eltern dann wieder ganz normale Arbeitnehmer. "Darüber muss jeder Arbeitnehmer vor der Elternzeit nachdenken. Wer sich ausschließlich auf sein Recht beruft, während der Elternzeit nicht gekündigt werden zu können, der muss damit rechnen, dass sich dann auch der Arbeitgeber nur auf sein Recht beruft.“ Es ist also besonders in kleinen Unternehmen ratsam, die Elternzeit gemeinsam mit dem Chef zu planen und den Wiedereinstieg zu besprechen.
Laut W&V Bericht hat der Agentur-Mitarbeiterin aus München das aber nichts genützt. Sie habe versucht, Kontakt zum Chef zu halten, ihn direkt über den gefundenen Kita-Platz informiert, um die zukünftigen Arbeitszeiten zu besprechen. Eine persönliche Reaktion des Chefs sei ausgeblieben, statt dessen kam die Ankündigung über den Verlust des Arbeitsplatzes per Mail.
Geschenke zum Abschied
Die Münchener Art-Direktorin berichtet bei W&V, dass ihre Kollegen sich noch herzlich von ihr verabschiedet hätten, bevor sie in die Elternzeit ging. Mit Geschenken wurde ihr Abschied gefeiert. Das der für immer sein würde, ahnte sie nicht. Doch der Chef fand Ersatz für die 39-jährige Art-Direktorin, sie bekam die Kündigung direkt nach dem Ende ihrer Elternzeit. „Hier könnte der Gesetzgeber noch einmal überlegen, ob der Kündigungsschutz vielleicht ausgeweitet wird“, sagt Alexander Bredereck.
Rechtlich haben Mitarbeiter kleiner Unternehmen derzeit keine Chance. Die Münchenerin kann nichts gegen die Kündigung unternehmen. Moralisch bleibt die Enttäuschung.