Bochum. Das Katholische Klinikum feiert „ein Jahrhundertereignis“: In Bochum wurden eineiige Drillinge geboren. Die Babys sind seit wenigen Tagen zuhause.

„Ziehen Sie bitte die Schuhe aus? Jede Bakterie kann eine zu viel sein.“ Benjamin Lehnard ist vorsichtig. Allzu zart und anfällig sind die drei zauberhaften Wesen, die von Mama und Papa im Wohnzimmer gerade ihr Fläschchen kriegen. Das mit dem Zauber ist durchaus wörtlich zu nehmen: Pauline, Melina und Hanna entspringen einer höchst seltenen Laune der Natur. Sie sind eineiige Drillinge.

Tina Herklotz wusste früh, was auf sie zukommt. „Der Arzt hat mir schon in der sechsten Schwangerschaftswoche gesagt, dass es ein flotter Dreier wird“, erzählt die aus Sachsen stammende Mutter, die als Marketingleiterin an einer Managementschule in Dortmund arbeitet. Zunächst seien ihr Mann und sie „echt geschockt gewesen. Klar: Wir hatten uns ein Baby gewünscht. Aber halt nur eins.“ „Wohnung, Auto, Geld: Da geht einem alles durch den Kopf. Man fragt sich: Wie sollen wir das schaffen?“, sagt Benjamin Lehnart (31), der als Finanzbuchhalter im Augusta-Krankenhaus tätig ist.

Unproblematisch verlief ihre erste Schwangerschaft, berichtet die 29-jährige Mama. Trotz des stolzen Bauchumfangs von zuletzt 1,25 Meter habe sie die dreifache Trag-Last gut bewältigt. Erst ein Blasensprung machte sechs Wochen vor der Geburt die Einweisung ins Elisabeth-Hospital erforderlich. Papa hätte es gerne gesehen, wenn seine Kinder wie einst auch er bei seinem Arbeitgeber, im Augusta, das Licht der Welt erblickt hätten. „Doch es war frühzeitig klar, dass wir eine Klinik mit einer Intensivstation für Frühchen benötigen. Die gibt’s halt nur im Elisabeth-Hospital.“

Geburt per Kaiserschnitt

Am 12. Dezember war es soweit. Acht Wochen vor dem errechneten Geburtstermin erklang nach einem Kaiserschnitt der erste Schrei von (in dieser Reihenfolge) Pauline, Melina und Hanna, die mit rund 1500 Gramm und 43 Zentimetern Länge mit vergleichsweise robusten Werten ins Leben starteten. Papa war selbstverständlich dabei und kümmert sich mit seiner Frau seither rührend, wenngleich übermüdet um den Kindersegen.

Dass es eineiige Drillinge sind, macht die Eltern besonders stolz: „Das ist ja seltener als ein Lottogewinn.“ Gerne würden sie sich aber auch über die Unterstützung ihrer Krankenkasse freuen. „Unser Antrag auf eine Haushaltshilfe für einige Stunden in der Woche wurde abgelehnt. Dazu müsste Tina erst krank werden, heißt es. Absurd“, ärgert sich Benjamin Lehnart, der umso dankbarer für die Freunde und Familie ist, die den Eltern zur Hand gehen. Möglicherweise stehen gute Nachrichten ins Haus. Auf WAZ-Anfrage will die Krankenkasse heute mitteilen, ob es doch Geld für eine Betreuung gibt.

St. Elisabeth-Hospital spricht von „Jahrhundertereignis“ 

Im Elisabeth-Hospital sind sie immer noch hin und weg. Die Geburt der eineiigen Drillinge sei für die Klinik „eine absolute Premiere, ein Jahrhundertereignis“, sagt Gynäkologie-Chefarzt Dr. Peter Kern.

Auf 1:200 Millionen beziffert die Medizin die Wahrscheinlichkeit, dass aus einer Eizelle drei Kinder entstehen. Im „Eli“ hat man recherchiert. Ergebnis: Zumindest in den letzten zehn Jahren, zumindest in Deutschland gab es keine eineiigen Drillinge, die – wie bei Tina Herklotz – ohne künstliche Befruchtung oder Hormonbehandlung geboren wurden. „Dass alle drei Säuglinge gleichmäßig ernährt wurden und gesund sind, ist dabei ein großes Glück“, weiß der Leitende Oberarzt Dr. Stefan Teubner, der das Trio mit Dr. Jan Weber und Hebamme Conny Weigelt per Kaiserschnitt zur Welt brachte.

Bis zur Zugabe bleibt noch etwas Zeit. Der Neonatologe Dr. Norbert Teig hat es ermittelt: Die nächsten eineiigen Drillinge sind in Bochum laut Wahrscheinlichkeitsrechnung in 74074 Jahren zu erwarten.