Bochum. Immer weniger freiberufliche Hebammen leisten Geburtshilfe, weil die Haftpflichtprämien seit Jahren enorm steigen. 2014 soll ein Satz von 5000 Euro jährlich fällig werden. Heike Paunova aus Bochum hat sich entschieden, sich trotzdem allen Herausforderungen des Berufs zu stellen.
Mehr als eine halbe Stunde Joggen am Morgen ist nicht drin. Bei Ausflügen in andere Städte darf der Radius zu ihrem Einzugsgebiet nicht zu groß werden. Und wenn sie Urlaub machen will, muss Heike Paunova das langfristig planen – genauer gesagt: neun Monate im Voraus.
Heike Paunova ist freiberufliche Hebamme. Rund um die Uhr trägt sie einen Pieper bei sich, über den sie für die werdenden Mütter, die sie betreut, immer erreichbar ist. Acht Geburten betreut sie durchschnittlich pro Monat. In Bochum ist die 49-Jährige eine von wenigen Freiberuflerinnen, die sich dieser Herausforderung weiterhin stellen. „Im Moment gibt es noch drei oder vier andere, die auch Haus- und Beleggeburten machen“, sagt sie.
Auch NRW-weit werden es immer weniger: Von 1560 freiberuflichen Hebammen, die vorrangig Vor- und Nachsorge anbieten, leisten nur noch 378 Geburtshilfe. Denn nüchtern betrachtet, lohnt sich das kaum noch, sagt Heike Paunova: „Das Preis-Leistungsverhältnis stimmt einfach nicht.“
Haftpflichtprämien haben sich seit 2003 fast verzehnfacht
Für eine Geburt, die im Durchschnitt elf Stunden dauert, bekommt eine Hebamme 292 Euro. Die Betreuung von Geburten bringt jedoch enorme Kosten für die Haftpflichtversicherung der Hebammen mit sich: Derzeit werden allein dafür jährlich 4240 Euro fällig, für Juli 2014 ist eine erneute Anhebung auf rund 5000 Euro im Gespräch. Nach Angaben des Deutschen Hebammenverbands (DHV) lag die Versicherungsprämie 2003 noch bei 450 Euro.
Mehr Regressforderungen bei Behinderungen
Laut DHV hängt die Erhöhung damit zusammen, dass häufiger geklagt wird, wenn ein Säugling beispielsweise mit einer Behinderung geboren wird. „Es passiert nicht mehr und nicht weniger als früher“, sagt auch Paunova, die seit 1987 als Hebamme arbeitet, „aber wenn Pflegegelder fällig werden, holen sich die Krankenkassen öfter einen Anteil von der Haftpflicht der Hebammen zurück.“
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„Das ist mein Herzensberuf“, sagt sie. Dafür nimmt sie die Mehrbelastung in Kauf. Allerdings beobachtet sie die aktuellen Entwicklungen mit Sorge: „Die Entlohnung und die Kosten für die Haftpflicht sind ungerecht. Aber leider haben wir keine gute Lobby. Und wir Hebammen selbst haben kaum Zeit, uns für bessere Verhältnisse zu engagieren.“