Bochum. Seit Dezember müssen Wirte ihre Gäste darauf hinweisen, welche Allergene in ihren Speisen enthalten sind. Meinungen in der Branche gehen auseinander.

Des einen Freud, des anderen Leid: Seit Mitte Dezember müssen Wirte ihre Gäste über die 14 wichtigsten allergieauslösenden Zutaten in den angebotenen Speisen informieren. Dazu gehören etwa Nüsse, Gluten, Soja oder auch Milch. Freuen wird das vor allem die rund sechs Millionen Nahrungsmittelallergiker, die es laut Schätzung des Deutschen Allergie- und Asthmabundes gibt. „Grundsätzlich sollten die Informationen über Allergene an irgendeiner Stelle im Betrieb verschriftlicht werden - zum Beispiel auf einer separaten Speisekarte oder in einem Ordner“, erklärt Thorsten Hellwig, Pressesprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes NRW (Dehoga). Ein Mehraufwand für die Gastronomen, der auf geteilte Meinungen stößt.

Im Restaurant Yamas etwa sieht man die neue Verordnung gelassen. „Klar ist es mehr Arbeit, aber wir machen das auch gerne“, so Inhaber Stavros Liakeas. Dort gibt es seit kurzem eine Allergiker-Speisekarte, auf die künftig ein Schild an der Tür aufmerksam machen soll.

Mehrheit sieht Regelung als Gängelung

Auch im Livingroom wartet künftig eine spezielle Karte auf Menschen mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten. „Das Bewusstsein für Inhaltsstoffe hat sich in den letzten fünf Jahren gewandelt“, weiß Silke Warthe, zuständig für die Betreuung der Gästeanliegen im Restaurant. Daher trägt für sie die neue Verordnung auch der Realität und der gestiegenen Nachfrage nach Informationen Rechnung: „So wird die Kommunikation mit den Gästen erleichtert.“

EU-Verordnung fordert Kennzeichnung

Seit dem 13. Dezember müssen nach der EU-Lebensmittelinformations-Verordnung auch bei unverpackten Lebensmitteln die 14 wichtigsten Allergene deklariert sein. Zuvor galt dies nur für verpackte Waren. Die Einhaltung überwachen die zuständigen Lebensmittelkontrolleure.Die Regelungen betreffen die gesamte Gastronomie – vom Imbissbetrieb, über das Restaurant bis hin zum Caterer, Bäcker oder Kiosk-Betreiber.

Ganz anderer Meinung ist da etwa Jörg Borgards, Inhaber des Party-Service „Grillmeister“: „Wenn jemand eine Allergie hat, ist die Person doch selbst mündig genug, sich damit auseinander zu setzen. Die Verantwortung auf den Anbieter abzuwälzen, finde ich falsch.“ So wie Borgards sehen es auch viele andere Wirte. „Laut einer NRW-weiten Umfrage empfinden rund 60 Prozent unserer Mitglieder die neue Kennzeichnungspflicht als bürokratische Gängelung“, so Dehoga-Sprecher Hellwig. 14 Prozent sehen sie als notwendig an, um Allergiker zu schützen. Nur drei Prozent erhoffen sich, dadurch neue Gästegruppen zu gewinnen. Die restlichen 23 Prozent der Gastronomen stehen der neuen Verordnung neutral gegenüber.

Auf ein weiteres Problem verweist Anne Marieke Ziel, Sous-Chefin im Livingroom: „Eigentlich müssten wir getrenntes Kochgeschirr verwenden, sonst lässt sich eine Kreuzkontamination nie ausschließen.“ Das Livingroom weist deshalb künftig auch auf eventuelle Spuren von Allergenen im Essen hin. Gastronom Liakeas sieht noch eine weitere Gefahr: „Durch immer neue Auflagen werden kleinere Betriebe belastet, die das irgendwann nicht mehr leisten können. Für Ketten ist das kein Problem. So geht die Individualität, das Besondere verloren, weil kleine Gastronomien kaputt gemacht werden.“