Gladbeck. Eine neue EU-Verordnung schreibt Handel und Restaurants vor, dass allergieauslösende Stoffe in den Produkten für die Kunden dokumentiert werden.
Erst kürzlich hat Jovan Gajic die umfangreiche Speisenkarte mit rund 200 Gerichten für sein Restaurant „Jammerkrug“ neu drucken lassen, also eine deutliche Summe investiert. „Und jetzt kann ich das Ganze wieder überarbeiten“, sagt der Gastronom. Grund ist die ausgeweitete Lebensmittel-Informationsverordnung der EU, kurz LMIV, die vorschreibt, dass jetzt auch bei unverpackt verkauften Lebensmitteln eine Information über verwendete Zutaten, die Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen können, für die Kunden ausgewiesen werden muss. Und dazu zählen zubereitete Speisen im Restaurant.
Aber nicht nur diese, auch unverpackte Ware an der Bedienungstheke wie beim Fischhändler, KäseMann oder Fleischer muss in puncto Allergene deklariert werden. Für den kommenden Samstag hat Obermeisterin Martina Engberding eine Schulung ihrer Mitarbeiter an der Friedenstraße angesetzt, um über die Bestimmungen der neuen Verordnung zu informieren. Über ihren Fachverband hat sie eine Infoschrift bestellt, die sie auch den Mitgliedern der Fleischerinnung Bottrop-Gladbeck zugesandt hat. Nach der Schulung muss weitere Zeit neben dem laufenden Geschäftsbetrieb investiert werden: „Wir verkaufen rund 100 Produkte im Laden, und bei den meisten ist ja nicht wie bei der Mortadella mit Pistazien klar ersichtlich, was als Allergen drin ist. Aber genau die müssen wir jetzt genau nach allergener Zutat aufschlüsseln und für die Kunden dokumentieren“, so Engberding.
Jovan Gajic schätzt, dass er zwei bis drei Tage braucht, bis er alle feilgebotenen Gerichte in Sachen Allergene dechiffriert hat. „Was sein muss, muss halt sein“, sagt er. Der Kontrolleur vom Amt wollte schon Ende Dezember bei ihm nach dem Rechten sehen, „ich habe ihn aber gebeten, erst nach dem zeitintensiven Weihnachts- und Neujahrsgeschäft Mitte Januar zu kommen.“
Seit Mitte Dezember gilt die neue LMIV bereits. Für die Überwachung der Umsetzung ist die Lebensmittelkontrolle des Kreises zuständig. „Konkret geht es um 14 Stoffe oder Erzeugnisse, die als verbreitete Auslöser von Allergien oder Unverträglichkeiten bekannt sind“, erklärt Jochem Manz, Pressesprecher der Kreisverwaltung: Glutenhaltige Getreide, Krebstiere, Eier, Fische, Erdnüsse, Sojabohnen, Milch, Schalenfrüchte (Nüsse), Sellerie, Senf, Sesamsamen, Schwefeldioxid und Sulfite, Lupinen und Weichtiere. Selbstverständlich müsse die neue EU-Verordnung umgesetzt werden, unterstreicht Manz. Bei der Kontrolle gehe man aber mit Augenmaß vor und werde sicherlich den Betrieben eine Möglichkeit zur Nachbesserung einräumen, bevor Strafen verhängt werden.
Trotz aller Zusatzarbeit sind sich Engberding wie Jovic einig, „dass die neue Kennzeichnungspflicht ja im Sinne der Gesundheit der Kunden zu begrüßen ist“. Beide sind übrigens selbst Allergiker, der Gastronom verträgt keine Nüsse, die Fleischerin reagiert auf Äpfel.
Weitere Pflichtangaben vorgeschrieben
Die verbesserte Lebensmittelverordnung sieht weitere Informationen im Sinne der Verbraucher vor. Alle Pflichtangaben zur Kennzeichnung müssen gut lesbar sein.
Bei eingefrorenem Fleisch sowie bei Fleischzubereitungen und unverarbeiteten Fischereierzeugnissen muss das Einfrierdatum auf der Verpackung angegeben werden.
Ab April 2015 muss unverarbeitetes und vorverpacktes Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch mit dem Aufzuchtort und dem Schlachtort des Tieres gekennzeichnet werden.
Raffinierte pflanzliche Öle und Fette müssen jetzt auch mit ihrer botanischen bzw. pflanzlichen Herkunft angegeben werden (z. B. Palmfett oder Pflanzenfett (Kokos).
Wenn das Lebensmittel gesundheits- oder nährstoffbezogene Angaben trägt (z.B. enthält Vitamin C) und die Nährstoffgehalte angegeben werden, müssen diese jetzt zur besseren Vergleichbarkeit immer auf 100 Gramm oder 100 Milliliter bezogen werden. Ab dem 13. Dezember 2016 gehört diese Tabelle in der Regel auf alle verpackten Lebensmittel.
Bei der Verwendung von Lebensmittel-Imitaten muss der verwendete Ersatzstoff in unmittelbarer Nähe des Produktnamens angegeben werden (z.B. Pflanzenfett statt Käse auf der Pizza). Auch Produkte aus zusammengefügten Fleisch- oder Fischstücken sind entsprechend zu deklarieren.
Getränke mit erhöhtem Koffeingehalt wie Energydrinks müssen Warnhinweise (Kinder, Schwangere, Stillende) enthalten.