Die EU hat’s beschlossen – und jetzt können die Gastronomen vor Ort zusehen, wie sie die neue Kennzeichnungspflicht für Allergene umsetzen. Die kommunale Aufsicht schaut zu – denn Bußgelder für Wirte, die die Regelung nicht umsetzen, darf sie nicht vergeben

„Das wird ein mächtiges Zahlenwerk“, sagt Klaus Geissler, Geschäftsführer im Restaurant Schloss Berge. „Von der Bildlichkeit wird die neue Speisekarte eher wie ein Cocktail aussehen.“

Das Stichwort Speisekarte kommt bei den meisten Gastronomen vor Ort momentan nicht sonderlich gut an. Denn laut einer neuen europaweiten Verordnung müssen jetzt Gaststätten, Hotels, Restaurants und sogar Imbiss-Buden Lebensmittelallergene auf ihren Karten im Detail kennzeichnen.

Produkte werden von der Industrie gemischt

„Das ist ein bisschen komplex“, erklärt Geissler. Mache aber Sinn. Schließlich nehme die Zahl der Menschen, die unter einer Lebensmittelallergie oder Unverträglichkeit leiden, ständig zu. „Obwohl wir naturnah kochen, stoßen auch wir auf Produkte, die von der Industrie gemischt werden“, so Geissler. Selbst bei reinem Salz müsse man genau hinschauen. „Das wird oft gebleicht.“

So verständnisvoll wie Geissler reagieren nicht alle seine Kollegen. Johannes Möller, der Buers ältestes Restaurant, das Hexenhäuschen, in der vierten Generation als Familienbetrieb führt, versteht den Aufwand nicht. „Wenn meine Gäste ein Problem mit Lebensmittelallergien haben, gehe ich an den Tisch und wir besprechen das Menü“, erläutert er. „Wenn jemand eine Allergie hat, weiß er, was er nicht essen darf“.

Atlas unter der Theke

Auch Bernd Klüver, Restaurantleiter in Heiner’s Gastronomie im Nordsternpark, versteht die neuen bürokratischen Hürden nicht. „Wir haben seit Jahren einen kleinen Atlas unter der Theke liegen, in dem wir alle Zutaten unserer Gerichte aufgelistet haben“, erklärt er. „Wenn ein Gast auf bestimmte Inhaltsstoffe allergisch reagiert, können wir das schnell und unbürokratisch abklären“. Dennoch hat Klüver bereits eine neue Karte in Auftrag gegeben, die am 19. Januar druckfrisch auf den Tischen liegen wird. „Da kann es passieren, dass Sie mehr Zahlen als Speisen aufgelistet haben“, sagt er lachend.

Kontrolliert werden die Gastronomen übrigens von den Mitarbeitern des städtischen Veterinäramtes. „Die Kollegen beraten seit drei Monaten die Restaurantbesitzer“, erläutert Stadtpressesprecher Martin Schulmann. Sie machen auch darauf aufmerksam, dass die Allergene in den Speisekarten kenntlich gemacht werden müssen.

Bußgelder sind nicht möglich

Allerdings: Eine Handhabung, die neue Vorschrift auch auszuführen, haben sie nicht. Da der Bund die Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Gesetz verschlafen hat, werden die Lebensmittelkontrolleure zukünftig keine Bußgelder verhängen können. Jedenfalls zurzeit noch nicht.