Bochum. Die christliche Ausrichtung und Themensuche von Künstlern hat sich verändert, aber der gegenseitige Bezug spielt auch in Bochum nach wie vor eine Rolle

Kunst und Religion gehen seit jeher Allianzen ein, dem biblischen Bilderverbot zum Trotz. Doch wieviel ist davon übrig in einer Zeit, da sich der Bezug auf die christlichen Kirchen oft genug nur noch über die Kirchenaustritte definiert? Tatsächlich ist die Verbindung zwischen christlicher Grundierung und künstlerischem Ausdruck immer noch eng; auch wenn sie sich über die Jahre verändert hat.

Die Entwicklung lässt sich konkret festmachen. Bernd Figgemeier, Vorsitzender des Westfälischen Künstlerbundes und langjähriger aktiver Begleiter der hiesigen Kunstszene, hat die Entwicklung von den Wiederaufbaujahren bis heute genau beobachtet. „Im neuen Jahrtausend gehört die Besinnung auf das Zusammengehen von Kirche, Kunst, Musik und dem gesprochenen Wert zum kulturellen Selbstverständnis gerade in Bochum“, sagt er.

Damit kommt der künstlerischen Arbeit für die Vermittlung von Religion außerhalb von Kirche inzwischen auch eine veränderte Bedeutung zu. Figgemeier macht das an, wie er sagt, „markanten Orten“ fest, die für neue Spielräume für Religion und Kunst stehen.

Kunstkirche wurde nachhaltig

Etwa die Melanchthon-Kirche mit ihrem vielfältigen Kulturprogramm, die Christuskirche als Kirche der Kulturen, die Paulus-Kirche als Begegnungsstätte (erinnert sei an die von Künstlern mitgestaltete „Bochumer Bürgerbibel“ 2003), aber auch die literarisch-musischen Aktivitäten während des Stiepeler Kultursommers in der Dorfkirche oder – besonders auffällig – die Interventionen in der Kunstkirche Christ König.

„Bereits 2008 zogen in die aufgelassene Kirche Mitglieder des Bochumer Künstlerbundes mit ihren Werken ein. Seit 2010 ist K.I.C.K. zu einer nachhaltigen Kultur-Institution mit immer wieder sehenswerten Raum-Installationen geworden“, so Figgemeier. Der ehemalige Kultus-Ort wurde Kultur-Ort, wobei die aus dem Glauben erwachsene Aura der Kirche – obwohl nicht mehr aktiv betont – immer noch spürbar wird: Alle am Steinring gezeigten Installationen und Arbeiten haben einen offenen oder unterschwelligen Bezog zum Christentum und seinen Werten.

Ähnlich der Ansatz in Stiepel: Hier sind zum Kultursommer mehrere hundert Werke aus Malerei, Grafik, Plastik, Fotografie und Installation zu sehen, die bildnerisch auf die Eigenarten der Ausstellungsorte eingehen, so auf das 1000 Jahre alte Kulturdenkmal der Dorfkirche und den historischen Kirchhof mit seinem religiösen Bezug.

Bernd Figgemeier über Kunst im sakralen Raum 

Sakrale Kunst war in der Vergangenheit oft „Kunst am Bau“.

Bernd Figgemeier: Im Wiederaufbau erhielten viele Kirchen eine neue Ausstattung. Vor allem die im Krieg zerstörten Glasfenster waren zu ersetzen. Deren Gestaltung war zunächst traditionell gegenständlich, oft symbolbestückt.

Wie ging es weiter?

Figgemeier: Zunehmend entwickelten sich, meist in den neu erbauten Gotteshäusern in den 1950er und 60er Jahren, dem künstlerischen Zeitgeist entsprechend abstrahierende bis autonome, meist lichtbestimmte Formen von Künstlern wie Wilthelm, Geitel, Heyer.

Dann hörte das auf...

Figgemeier: Lange Zeit danach waren neu geschaffenen zwei- oder auch dreidimensionale Bildwerk mit religiösen Themen in kirchlichen Einrichtungen kaum zu sehen. Auch nicht in Kunstausstellungen, sieht man z.B. von den Kreuzübermalungen eines Arnulf Rainer ab.

Heute spielt die Kirche nicht mehr eine so wichtige Rolle wie früher.

Figgemeier: Umso beachtenswerter, dass zum Beispiel Heinrich Wilthelms Glasfenster von 1968 mit religiösen Motiven zurückkehren in die ehemalige Marienkirche, jetzt Foyer des neuen Musikzentrums.