Bochum. . Gerade nach dem Opel-Aus nimmt die Ruhr-Universität ihren Auftrag als Talentschmiede für das Ruhrgebiet sehr ernst. Rektor Ernst Weiler will die Stadt zum „Wissens-Öko-System“ machen.
Nach dem Ende von Opel ist immer wieder die Formel von der „wissensbasierten Stadtentwicklung“ zu hören. Die Ruhr-Universität (RUB) steht mit ihren mehr als 43 000 Studierenden und Lehrenden natürlich im Mittelpunkt solcher Überlegungen. Kann die Akademikerschmiede die auf ihr liegenden Hoffnungen befriedigen? WAZ-Mitarbeiter Tom Thelen hat den im Oktober scheidenden Rektor Prof. Dr. Elmar Weiler über die konkreten Pläne, die sich vor allem um das Projekt „World Factory“ drehen, befragt.
Was kann die RUB nach Opel für Bochum tun?
Prof. Dr. Elmar Weiler: Wir fühlen uns angesprochen. Die RUB ist weltweit tätig, aber zugleich auch im Ruhrgebiet beheimatet. Konkret angesprochen natürlich auch durch das Opel-Ende. Schließlich studieren und studierten hier Kinder von Opelanern. Das sind hautnahe Kontakte. Unsere Aufgabe ist es, weiterhin Talente zu produzieren, die Region nach vorne bringen
Das geschieht noch nicht?
Weiler: Doch. Es gibt Ausgründungen, auch regelmäßig und erfolgreich, Stichwort etwa RubiTec. Dennoch ist das kein Strom, sondern nur ein Strömchen. Wir verfügen aber über einen Schatz, den wir besser heben müssen. Die Stadt muss so etwas werden wie ein Wissens-Öko-System, es braucht darin Nischen und vor allem Vielfalt. Darüber haben wir direkt mit der Stadt gesprochen und Leitsätze entwickelt.
Was wird das konkret bedeuten?
Weiler: Kreativität und Unternehmen müssen zusammenkommen. Studierende sollen schon im Studium projektbezogen arbeiten, praktische Lösungen erarbeiten, in kleinen Teams mit Leuten aus den Unternehmen. Im Ruhrgebiet wurden immer Produkte erarbeitet, das muss weitergehen. Dafür steht die „World Factory“, das soll die Struktur dieser Zusammenarbeit sein, die den Studierenden Weiterbildung bringt, den Unternehmen die Kompetenz, die Talente. Und am Ende kann, soll, wird dann das marktfertige Produkt stehen. Das kann dann eine Broschüre, eine Software oder auch ein Flaschenöffner sein.
Wie sieht der Zeitplan aus und wer ist dabei?
Weiler: Ich habe gut 50 Gespräche mit Unternehmen aller Größenordnungen geführt. Konkret soll es ungefähr Mitte 2015 eine echte Unternehmensgründung geben, eine Projekt GmbH mit unterschiedlichsten Partnern. Auch erste Projekte aus den Hochschulen Essen/Duisburg und Dortmund sind dabei. Als Ort würde die Opel-1-Fläche in Frage kommen. Angedacht ist eine Art Wissenscampus, wie er etwa in Eindhoven existiert, kein Industriepark. Ein Ökosystem für Start-Ups.
Neben der Campussanierung kommt auch die Exzellenz-Initiative voran
In welcher Größenordnung muss man sich die „World Factory“ vorstellen?
Prof. Dr. Elmar Weiler: Ungefähr 1000 Mitarbeiter stellen wir uns dafür vor.
Wer bezahlt das?
Weiler: Wir stehen momentan in Verhandlungen mit einem Investor, das entstehende Netzwerk muss natürlich dabei helfen.
Wie geht es weiter an der Ruhr-Universität?
Weiler: Die Campussanierung wird weitergehen, die Finanzierung der nächsten Schritte ist schon zugesagt. Drei Gebäude – GD, IA und IB – werden gebaut, und in zwei bis drei Jahren ist dann die N-Reihe dran. Ebenso ist die nächste Runde der Exzellenz-Initiative ein Thema. Gerade das Ruhrgebiet ist für dessen Motto, regionale Forschungsverbünde, glänzend aufgestellt. Etwa auch mit großen und erfolgreichen FHs. So etwas kriegt in Deutschland kaum einer hin. Da bedarf es aber natürlich vieler Gespräche.
Sie verlassen die RUB im Herbst, mitten in all diesen hoffnungsvollen Entwicklungen.
Weiler: Ja, da kommt schon etwas Wehmut auf. So viele Großprojekte, da wünscht man sich manchmal schon, zehn Jahre jünger zu sein.