Bochum. . Panne im Bochumer Rathaus: SPD und Grüne verschliefen eine Abstimmung. Das hat Folgen für die Stadtwerke. Zur Kasse gebeten werden auch die Bürger.

Das Ziel ist klar: Am 22. Januar soll der Rat einen Haushalt beschließen, der die Kommunalaufsicht in Arnsberg zufrieden stellt. Bei 1,6 Milliarden Euro Schulden, ständig steigenden Sozialausgaben und sinkenden Steuereinnahmen ist das eine Herkulesaufgabe. Kämmerer Manfred Busch hat gleichwohl einen Etatentwurf vorgelegt, den er für „genehmigungsfähig“ hält. Der Haupt- und Finanzausschuss diskutierte am Donnerstag die dazu abweichenden Vorschläge aus den Reihen der Politik.

Empfangen wurden die Volksvertreter am frühen Morgen erst einmal von Mitgliedern des Bochumer „Bündnis für Arbeit und soziale Gerechtigkeit“. Die Vertreter von Gewerkschaften, Kirchen und sozialen Verbänden präsentierten ihren „Wunschzettel für eine lebenswerte Stadt“ und protestierten gegen pauschale Kürzungen und den geplanten massiven Personalabbau bei der Stadt.

Stadt baut massiv Stellen ab

Wie berichtet, sollen die Personalkosten der Stadt auf jährlich 247,3 Millionen Euro festgeschrieben werden. Mit Blick auf die tarifbedingt steigenden Gehälter bedeutet dies: Künftig wird nur noch jede zweite in der Stadtverwaltung frei werdende Stelle besetzt. Um rund 80 Vollzeitstellen wird demnach die Kernverwaltung mit heute 4230 Mitarbeitern künftig Jahr für Jahr schrumpfen.

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Konkret zur Kasse gebeten werden ab 2015 Autofahrer. Die Parkgebühren in Bochum sollen steigen. Erstens. Gleichzeitig will die Stadt die Zahl der gebührenpflichtigen Parkplätze deutlich erhöhen. Ab 2017 sollen dank dieser Maßnahmen jährlich 900.000 Euro mehr in der Stadtkasse landen.

Sparkasse schüttet 3,7 Millionen Euro weniger aus

1,15 Millionen Euro pro Jahr will die Stadt ab 2016 sparen, indem sie ihren Anteil an der Gehwegreinigung reduziert und auf die Bürger umlegt. SPD und Grüne wollen sich dies zwar noch einmal genau erklären lassen, im Haushaltsplan sind die Einnahmen aber bereits verbucht.

Diese zusätzlichen Belastungen für die Bürger Bochums sind auch erforderlich, weil geplante Einnahmen nicht fließen. Beispielsweise schüttet die Sparkasse in diesem Jahr nur 15 statt der erwarteten 18,7 Mio Euro aus. Sparkassen-Chef Volker Goldmann begründet dies mit Vorgaben des Gesetzgebers: „Der Steuerzahler soll nie mehr für Verluste der Banken aufkommen. Danach sind nach den Planungen der Sparkasse Bochum bis 2019 eine gute Milliarde Euro Eigenkapital notwendig.“

Grundsteuer steigt, wenn Bund kneift

Mit der Mehrheit von SPD und Grünen gab der Hauptausschuss zudem eine Erhöhung der Grundsteuer um weitere 95 Prozentpunkte zum 1. Januar 2018 auf den Weg. Diese soll aber nur greifen, wenn zugesagte Gelder des Bundes nicht fließen. Nur mit diesem Beschluss dürfen die erwarteten Einnahmen aber schon jetzt in den Haushalt eingestellt werden. Für die SPD „eine bittere Kröte“ (Peter Reinirkens), für die CDU „eine Gefahr“. Sollten die Zahlen 2018 schlecht sein, fürchtet Christian Haardt, könne man diesen Vorratsbeschluss nicht mehr kippen. Haardt: „Ich traue Arnsberg nicht.“ An der Schönrechnerei beteiligte sich die Koalition auch direkt. So wurde der Ansatz für Energiekosten um 850.000 Euro gesenkt, in der „Hoffnung“ auf rückläufige Preise. Freuen darf sich die „Freie Kultur“. Gegen die AfD erhöhte der Ausschuss das Budget um jährlich 180.000 Euro. Auch in die Bereiche Jugend, Senioren, Sport und Ehrenamt investiert die Politik auf Antrag der Koalition pro Jahr zusätzlich 300.000 Euro.

SPD verschläft Abstimmung zu CDU-Antrag

Blamiert haben sich am Donnerstag im Haupt- und Finanzausschuss SPD und Grüne. Sie stimmten einem Antrag der CDU zu, dem Dieter Fleskes (SPD) für die Koalition zuvor ausdrücklich widersprochen hatte. Demnach sollen die Stadtwerke Bochum nun im kommenden Jahr sechs Millionen Euro zusätzlich an die Stadtkasse abführen. Dazu sollen Gewinnrücklagen aufgelöst werden.

Ursprünglich hatte die CDU in ihrem Änderungsantrag zum Haushalt 2015 gar 40 Millionen Euro zusätzlich von den Stadtwerken haben wollen. „Wir müssen das aber auf sechs Millionen reduzieren“, sagte Christian Haardt (CDU) – und begründete dies mit jüngsten Erkenntnissen zur wirtschaftlichen Situation der Stadtwerke. Haardt: „Herr Fleskes hat die Aufsichtsratssitzung sicherlich noch in den Knochen.“

Korrektur soll im Rat erfolgen

„Ihr Antrag ist jetzt zwar keine Bombe mehr, sondern nur noch ein Schnellschuss. Trotzdem werden wir das ablehnen“, entgegnete Fleskes. „Die Situation der Stadtwerke ist in der Tat nicht so, dass sie auf Rücklagen verzichten könnten.“ Kämmerer Manfred Busch prognostizierte gar einen Schaden für den Konzern Stadt Bochum, da Rücklagen kein Bargeld seien und die Stadtwerke einen Kredit aufnehmen müssten, um dieser Forderung nachzukommen.

Als dann aber Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz (SPD) fragte, „Gibt es Gegenstimmen, Enthaltungen?“ und niemand der 17 stimmberechtigten Ausschussmitglieder aufzeigte, war beschlossen, was die Mehrheit nicht wollte. Scholz: „Damit ist der Antrag angenommen.“

Während sich selbst die Mitglieder der CDU-Fraktion ungläubig anschauten, wachten SPD und Grüne auf und registrierten mit bedröppelten Minen, was soeben passiert war. Schon zu Beginn der Mittagspause aber hatten sie eine Lösung parat: Fleskes: „Der Haushalt wird im Rat beschlossen, das können wir noch korrigieren.“