Bochum. . Es war die Nachricht des Tages am Freitag: Stadtwerke-Chef Bernd Wilmert verlässt das Unternehmen im Sommer 2015. Die Stadtwerke seien für einen Wechsel an der Spitze gut aufgestellt, so Wilmert. Im Ruhestand will der 62-Jährige an der Ruhr-Uni Geschichte studieren.

Es ist zweifellos eine Ära, die zu Ende geht: Nach 22 Jahren als Geschäftsführer der Stadtwerke Bochum wird Bernd Wilmert (62) am 30. Juni 2015 Abschied nehmen. Vorzeitig, auf eigenen Wunsch.

Die Nachricht, die fast exakt zwei Jahre nach dem Höhepunkt der Affäre um den Atriumtalk am Freitag von der Pressestelle der Stadtwerke verbreitet wurde, ist eine faustdicke Überraschung. Wilmert nennt „persönliche Gründe“ für die Auflösung seines Vertrages, der bis zum 30. September 2017 datiert ist: „Nach 22 Jahren mit Höhen und Tiefen ist es an der Zeit, die Aufgabe in neue Hände zu geben und zu überlegen, was man mit dem Rest des Lebens noch anfängt.“

Stadtwerke überweisen 47 Millionen Euro an die Stadt

Die Entscheidung sei in Gesprächen mit seiner Frau Monika gereift. Einen besonderen Anlass gebe es nicht. Auch keine akute Krankheit. Abgesehen von den Wehwehchen, die ein 62-Jähriger halt habe, sei er gesund, sagte Wilmert der WAZ. „Es ist eine Frage des eigenen Lebensgefühls.“

Die Stadtwerke Bochum seien gut aufgestellt, die Zeit für einen Wechsel an der Spitze günstig. Für 2014 kündigte Wilmert ein Jahresergebnis von 70 Millionen Euro an, 47 Millionen davon gingen an die Stadt. „Im nächsten Jahr werden wir 52 Millionen abführen.“ Mit rund 700 Mitarbeitern erwirtschaften die Stadtwerke 2014 vermutlich einen Umsatz von 540 Millionen Euro. Als Wilmert 1992 von der Vestischen Straßenbahnen in Herten nach Bochum kam, betrug der Umsatz mit 957 Mitarbeitern 580 Millionen Mark, 28 Millionen Mark erntete damals die Stadt. Wilmert: „Wir haben seit dieser Zeit den Umsatz verdoppelt und das Ergebnis vervierfacht.“

Beim Atriumtalk Opfer der Eitelkeit

Probleme mit der Beteiligung an anderen Gesellschaften bestreitet Wilmert. „Gelsenwasser erzielt gerade für uns ein Ergebnis von 40 Millionen Euro, bei der Steag wird unser Eigenkapital derzeit mit acht Prozent verzinst und für das Gaskraftwerk in Hamm ist eine wirtschaftlich tragbare Lösung in Sicht.“ Das Kohlekraftwerk in Lünen indes bereite Kopfschmerzen.

Zu Tops und Flops in 22 Jahren befragt, zählte Wilmert am Freitag den Kauf von Gelsenwasser, die Gründung der EWMR (Energie- und Wasserversorgung Mittleres Ruhrgebiet) und die Beteiligung an Trianel zu den großen Erfolgen. Fehler habe er indes 2012 gemacht – bei der Atriumtalk-Affäre. „Ich war zu gutgläubig und habe nicht genügend kontrolliert.“ Wilmert sieht sich im Rückblick durchaus auch als Opfer seiner eigenen Eitelkeit. „Das ist kein Charakterzug, dem man allzu sehr nachgeben sollte. Das habe ich begriffen.“

Im Ruhestand will Bernd Wilmert sich ab Juli 2015 ehrenamtlich im sozialen Bereich engagieren – und studieren. Geschichte an der Ruhr-Universität Bochum. „Das wollte ich schon immer.“