Bochum. Maria Nazareth ist auf Facebook bereits bekannt und beliebt. Am Wochenende fand die biblische Puppe eine Herberge auf dem Bochumer Beginenhof.

Da sitzt sie nun, eingehüllt in eine blaue Decke. Sie wirkt ganz ruhig. Zeigt sich in ihren zarten Zügen die gottesmütterliche Geduld oder liegt ihr Ausdruck einfach daran, dass die Maria Nazareth in der Holzkrippe auf dem Wittener Weihnachtsmarkt eine lebensgroße Schaufensterpuppe ist?

Jede Nacht sucht die Maria mit dem Jesuskind unter ihrem Herzen eine Herberge. Viel ist sie schon rumgekommen. So war Maria Nazareth schon zur Vorsorge im Krankenhaus und bei der Zuwanderungsberatung der Diakonie. Heute hat sich Claudia Johannsmeier von der Frauengemeinschaft des Beginenhofs in Bochum auf den Weg gemacht, um Maria über Nacht eine warme Schlafstatt zu geben. Eine der zwölf Beginen, Barbara Blum, hatte beim gemeinsamen Sonntagsfrühstück vorgeschlagen, bei der Facebook-Aktion des Wittener Pfarrers Christian Uhlstein mitzumachen. „Wir haben gesagt, das passt zu uns, wir Frauen müssen schließlich zusammenhalten“, berichtet Claudia Johannsmeier auf der Fahrt nach Witten. Die zwölf Beginen luden die Maria Nazareth mit einem freundlichen Foto vom Frühstückstisch per Facebook ein. Sie sagte zu.

Pizza vor dem Zubettgehen

Auf dem Beifahrersitz angeschnallt, darf sich die junge Maria am Samstagabend aufwärmen von dem kalten Tag. Am Beginenhof glänzt schon ein Weihnachtsbaum, die Kirche ist offen. Im Rollstuhl fahren die Frauen ihren Gast über den Platz. Aber warum hat die Hochschwangere keinen Babybauch? Flugs stecken sie Maria ein Kissen unter den Umhang und kichern. „Ja, so ist das bei der Empfängnis vom Heiligen Geist. Das geht ratzfatz“, kommentiert Begine Ilona Theune. „Das ist ja grotesk!“, ruft Hiltrud Ballon und hält amüsiert Abstand von der Puppe. Christine Klissenbauer indes blickt auf Erinnerungen an ihre Zeit als Entwicklungshelferin der katholischen Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe (AGEH) zurück. Die Arbeit führte die 80-jährige einst nach Bolivien. „In Bolivien wird die Mutter Gottes neun Tage vor Heiligabend von Haus zu Haus gebracht. Dort wird dann gesungen und die Weihnachtsgeschichte erzählt. Diese Zeit heißt: la novena. Es ist eine sehr schöne Tradition. Ich war sofort sehr berührt von der Idee hier, weil die Menschen in Lateinamerika so glücklich mit diesem Brauch waren“, schildert sie.

Beginen und Maria im Internet

Die Beginen in Bochum leben in einer christlich-ökumenischen Gemeinschaft und gehören dem Verein Beginen Heute an. Derzeit ist noch eine Wohnung bei den zwölf Frauen frei. Informationen im Internet auf www.beginenhof-bochum.de

Maria Nazareth vom Weihnachtsmarkt Witten nächtigt immer woanders und pflegt ihre Kontakte auf ihrer eigenen Seite bei Facebook.de, wo sie auch von ihren Erfahrungen und der Hilfsbereitschaft in den unterschiedlichen Herbergen berichtet.

Maria hätte ihre Herberge an diesem Abend kaum besser treffen können. In der Kirche singen die Frauen ihr Lieder wie „Maria durch ein Dornwald ging“ und denken über die Frauenfigur der Maria nach. Die 41-jährige Johannsmeier fragt sich, wie es einer Frau in Marias Situation zu ihrer Zeit wohl ergangen sein muss. „Sie hatte bestimmt Ängste, auch wenn der Engel ihr gesagt hat, dass sie Gottes Sohn empfängt.“

Bevor Maria auf einer Schlaf-Couch im Gemeinschaftsraum ruhen wird, bestellen die Beginen eine Runde Pizza und speisen mit ihrem göttlichen Gast.