Bochum. In „Leben nach dem Überleben“ beleuchtet der Historiker der Ruhr-Universität Dr. Hubert Schneider 60 Schicksale von NS-Verfolgten.
Ende 1945 wurde in Bochum eine neue jüdische Gemeinde gegründet – ein halbes Jahr nach Ende der Nazi-Herrschaft und des Holocaust. Diejenigen, die damals für einen neuen Aufbruch sorgten, hatten nur mit Glück die Vernichtungslager überlebt. Jene Bochumer kehrten an den Orte zurück, wo ihnen Unrecht widerfahren und – in der Folge – unbeschreibliches Leid zugefügt worden war. Was das „Leben nach dem Überleben“ für die jüdischen Heimkehrer bedeutete, belegt der Historiker Dr. Hubert Schneider in seinem eben erschienenen, gleichnamigen Buch.
Die Anfänge waren klein. Bis 1947 war die neue jüdische Gemeinde Bochum auf 50 Mitglieder angewachsen; vor der Verfolgung waren es über 1200 gewesen. Schneider, der sich seit Jahrzehnten mit Fragen zum Thema der jüdischen Geschichte in Deutschland befasst, und der viele Veröffentlichungen zum Thema vorweisen kann, stand diesmal vor einer veränderten Fragestellung: Denn warum kamen diese wenigen Überlebenden ausgerechnet in jene Stadt zurück, die es wenige Jahre zuvor zugelassen hatte, dass sie in die KZ verschleppt wurden?
Zufluchtsort von Gleichgesinnten
Für manche war es die Gewissheit, in der jüdischen Gemeinde einen Zufluchtsort zu haben, dort Gleichgesinnte zu wissen. Für andere, wie Alfred Salomon, war es zunächst Verdrängung des Geschehenen, als er einfach wieder in seiner Heimatstadt arbeiten wollte, um, wie Schneider schreibt, „über den ökonomischen Erfolg sich selbst und anderen beweisen zu wollen, dass er es schaffen kann“. Ob es aber wirklich gelang?
Schneider hat in aufwändiger Quellenarbeit Antworten auf solche Fragen gefunden. Er stellt sie ausführlich und nachvollziehbar im Buch vor. 60 berührende Lebensgeschichten bilden den Hauptteil dieser lesenswerten Dokumentation.
Hubert Schneider: „Leben nach dem Überleben. Juden in Bochum nach 1945“. Lit Verlag, Münster, 29,80 Euro