Bochum. Das Kinder- und Familienstück des Schauspielhauses nimmt mit nach Lönneberga. Der Astrid-Lindgren-Stoff weckt riesige Erwartungen. Es ist deshalb nicht immer einfach für eine Theaterinszenierung gegen Film- und Fernseh--Sehgewohnheiten anzutreten.
Ist Michel aus Lönneberga ein guter Junge? Wohl kaum, bringt er doch seinen Vater regelmäßig zur Weißglut. Mal bleibt er mit dem Kopf in der Suppenschüssel stecken, mal verschluckt er Geld. Seine Streiche machen Eltern und Dorfbewohnern zu schaffen. Oder ist er es doch? Schließlich will er doch Gutes tun, ist hilfsbereit und nett. Nur manchmal denkt er seine Pläne nicht ganz bis zu Ende durch. Das Weihnachtsstück des Schauspielhauses bringt den Racker nun auf die Bühne. „Michel aus Lönneberga“ ist ab Sonntag zu sehen.
Es ist nicht immer einfach für das Theater, gegen TV-Vorlagen anzutreten. Jeder kennt die Filme um den kleinen Blondschopf, kennt die Musik und die Landschaft. Regisseurin Katja Lauken und der für die Fassung verantwortliche Dramaturg Justus von Verschuer ziehen daraus eine Konsequenz:
Eine eigene Michel-Welt
eine ganz eigene Michel-Welt zu erschaffen. Ihr Michel ist Torsten Flassig, die ganz eigene Musik machen Torsten Kindermann und Oliver Siegel und der Hof (Bühne: Maren Geers) ist eher eine kunterbunte, verspielte Puppenhausbühne, denn eine Naturlandschaft in Småland.
Das Episodenhafte der Vorlage(n) wurde für das Theater zu einem Bogen angeordnet, erzählt werden entsprechend dreieinhalb Tage, im Hochsommer, im Spätsommer und im Winter. „Die wichtigen, die bekannten Episoden werden zu sehen sein“, verspricht die Regisseurin, die sehr wohl um die Erwartungen der Astrid-Lindgren-Fangemeinde weiß. Sie selbst hält die Schwedin für „eine großartige Schriftstellerin“, die immer auch den Blick der Kinder einnehme, zur Verbündeten werde, mit einem faszinierenden Gespür für die Vorstellungswelt ihrer Leser.
Eine Legion unsterblicher Figuren
Der gewaltigen Popularität - insbesondere in Deutschland - der Erschafferin einer ganzen Legion unsterblicher Figuren der Kinderliteratur, von Pippi Langstrumpf, Ronja Räubertochter, Madita, Mio, Kalle Blomquist, Karlsson vom Dach bis zu den Kindern aus Bullerbü, ist es wohl auch zu verdanken, dass das Publikumsinteresse in Bochum bereits jetzt gewaltig ist. Die Premiere am Sonntag ist voll. Sowohl Eltern als auch Kinder haben ihre Lieblingsfiguren im Michel-Universum, sei es Klein-Ida, die Magd Lina oder der Knecht Alfred.
Auch interessant
Letzterer ist bekanntlich Teil einer der gruseligeren, dunkleren Episoden der Michel-Abenteuer. Da das Stück für Kinder ab fünf Jahren empfohlen wird, ist das nicht ganz unproblematisch. Doch Lauken ist davon überzeugt, auch diese Nachtepisode verträglich für die Jüngsten auf die Bühne zu bringen.