Bochum. Seit 20 Jahren gibt's an der Heinrich-Böll-Gesamtschule einen Musik-Leistungskurs. Die Schule entwickelte durch den Musikzweig ein scharfes Profil. Musiklehrer Josef Roskam begleitete den LK von Anfang an – denn für ihn ist Musik mehr als ein Nebenfach.

Aus der Aula dringt der Klang von Trompeten durch die Fensterscheiben. Heute proben die Orchester. Je ein Streicher- und ein Bläserensemble üben in der Heinrich-Böll-Gesamtschule im ganz normalen Unterricht. Musik steht hier öfter als anderswo auf dem Stundenplan. „Die Idee dahinter war, dass Musik mehr sein kann als ein Fach, das nur am Rande stattfindet“, sagt Josef Roskam. Er hat 1987 die erste Musikklasse an der Schule ins Leben gerufen. Damals war von der Initiative „Jedem Kind ein Instrument“ (JeKi) noch keine Rede.

Interesse geht über Schule hinaus

Mittlerweile lernen jedes Jahr in zwei Musikklassen der Sekundarstufe I rund 60 Kinder ein Instrument, etwa 120 bis 150 Leihinstrumente stehen zur Verfügung, mehr als zehn Musiklehrer sind im Einsatz, ein Schulchor rundet das Angebot ab. Derzeit baut der 20. Musik-Leistungskurs sein Abitur, der seit 1994 nur an dieser Schule jedes Jahr angeboten wird.

Das Interesse für Musik geht bei vielen der Oberstufenschüler über den Lernstoff hinaus. „Ich singe eigentlich immer schon viel. Ohne Musik könnte ich mir mein Leben nicht vorstellen“, sagt Lisa Lücking (19). Maximiliane Goecke (19) spielt seit der Grundschule Klavier, später nahm sie die Gitarre zur Hand. Die junge Frau musiziert in der Trinitatis-Kirche mit geistlicher Note. Der Schlagzeuger Louis Schuchert (19) hingegen mag Punkrock oder Reggae und Jenfer Ayaz (18) ist dem Hip-Hop zugetan. „Das Schöne ist, wir kennen uns alle in unterschiedlichen Bereichen aus und kommen im Unterricht persönlich ins Gespräch“, sagt Ayaz.

Kompositionen aus eigener Feder

Selbstredend geht es im Musik-LK nicht nur um das anregende Gespräch. Der Lehrplan eines Halbjahres beschäftigt sich zum Beispiel mit „Musik in Auseinandersetzung mit künstlerischen und gesellschaftlichen Konventionen von Beethoven über Schubert und Brecht/Weill bis hin zu Public Enemy und Jimi Hendrix“, erläutert Roskam.

Ein zentrales Thema in der Abiturstufe sind Eigenkompositionen der Schüler für das niederländischen Ensemble „de ereprijs“. Die Proben in Appeldorn seien immer ein besonderes Ereignis, wenn die Schüler das eigene Stück dort hören könnten, berichtet er weiter. Für den ein oder anderen sei der Musik-LK durchaus ein Sprungbrett in die Profession etwa als Musiker oder in der Musiktherapie. Allerdings gehe es im Musik-LK grundsätzlich viel um praktisches Lernen, wie Roskam erläutert. Das heißt auch, als Orchestermitglied zu arbeiten. Teamfähigkeit und Begeisterung für ein gemeinsames Projekt sind Schlüsselqualifikationen für den Beruf, die die Schüler der Heinrich-Böll-Gesamtschule mit Musik im Ohr und Herz erwerben.