Dahlhausen. „Rege belagert“: Ein Platz in der Musikklasse der Hugo-Schultz-Realschule.
„Was wir hier machen, nennt man unter Pädagogen gerne hochtrabend individuelle Förderung“, wandte sich Musikprofilleiterin Judith Brink an das aus Eltern, Großeltern und Geschwistern bestehende Publikum, das zum „Hausmusiknachmittag“ der Musikschulklasse 6c gekommen war. Die Lehrerin machte damit eine feine Anspielung auf das „Gütesiegel Individuelle Förderung“, mit dem die Hugo-Schultz-Schule (HSS) unlängst ausgezeichnet worden war. „Bei mir heißt das einfach: Wir machen zusammen Musik“, verkündete Brink verschmitzt, und drehte dann der Zuhörerschaft den Rücken zu, um ihre Schützlinge als zweistimmigen Chor zu dirigieren.
Ein finnisches Frühlingslied erklang hell und rein aus den Kehlen der Jungen und Mädchen. „Das studieren wir zur Zeit ein, um damit im Herbst die finnischen Austauschschüler zu begrüßen“, erklärte die engagierte Lehrerin dem Publikum. Musiklehrerin Judith Brink ist es zu verdanken, dass es seit vier Jahren eine Musikklasse an der HSS gibt.
Schulleiterin Ulrike Busse erläuterte das dahinter stehende Konzept: Neben Deutsch, Mathe und Englisch gibt es an der HSS „ein viertes Hauptfach“. Dieses Wahlpflichtfach kann Französisch, Sozialwissenschaften, Technik, Biologie, Informatik oder eben Musik sein. Musikprofilleiterin Judith Brink: „Unsere Neuzugänge werden jeweils dreizügig in Klassen aufgeteilt. Die c-Klasse ist immer rege belagert bei den Anmeldungen: Das ist unsere Musikklasse.“
Nach Brinks Erfahrungen haben von den Kindern in den bisherigen Musikklassen jeweils ein Drittel Jeki-Erfahrungen (Jeki = Ruhrgebietsinitiative „Jedem Kind ein Instrument) als Hintergrund. „Nachhaltigkeit ist das Stichwort“, so Brink, „wir wollen die JeKi-Kinder auffangen. Nach der Grundschule soll nicht Schluss sein mit dem Erlernen eines Instruments.“
Praktisch sieht das so aus: Für die ehemaligen JeKi-Kinder geht der Instrumentalunterricht ihres in der 1. Klasse gewählten Instruments an der HSS weiter. Die anderen Kinder wählen hingegen jetzt, in der 5. Klasse, ihr Instrument. Der Unterricht erfolgt durch ältere Schüler und Schülerinnen, sowie Studenten, die bei Judith Brink eine Tutorenausbildung durchlaufen. So ist der Saxophonlehrer für die Fünft- und Sechstklässler beispielsweise der Neuntklässler Nico Martin, der dafür einen Obolus von den Eltern erhält.
Außer der Musikklasse gibt es an der HSS auch eine Schulband, ein Orchester, einen Chor und „gemeinsame Probewochenenden auf der Jugendburg Gemen im Münsterland“, schwärmte Brink. An diesem Nachmittag stand jedoch die Klasse 6c im Fokus, mit ihrem selbst gestalteten Programm, das neben einer gemeinsamen Klassen-Kantate tolle Solobeiträge präsentierte: „Amazing Grace“ auf der Geige von Jeki-Kind Lisa.
Nach fünf Jahren Unterricht spielt sie souverän und sicher, die Klasse strahlte im Hintergrund vor Stolz auf „ihre Lisa“. Doch auch nach einem Jahr Unterricht lassen sich die Ergebnisse hören: „Kumba ya“ auf dem Klavier, von Nele vorgetragen. Ein russisches Volkslied auf der Gitarre, von Sascha gespielt. Wer weiß: Wenn Nele und Sascha dran bleiben und fleißig üben haben sie bis zur 10. Klasse den Jeki-Vorsprung, den einige haben, eingeholt.