Bochum. Mit der Abschlusskonferenz ging das Detroit-Projekt offiziell zu Ende: Ein Jahr lang hatten das Schauspielhaus und Urban Künste Ruhr das Kunst- und Stadtfestival aufgezogen – mit einer Resonanz weit über Bochum hinaus. „Die überörtliche Wahrnehmung war beachtlich“, fasst Intendant Anselm Weber zusammen.
Der Schauspiel-Direktor erinnert sich, was den Anlass für das Festival gab: Die angekündigte Schließung des Opelwerks. „Damals war Bochum ausschließlich mit negativen Schlagzeilen in den Medien, wir wollten aus künstlerischer Sicht einen positiven Akzent setzen“, nach dem Motto „Bochum ist eben nicht Detroit“; eine Stadt mit der es nach Ende der Autoproduktion steil bergab ging. Weber: „Hier kann – und wird – es weitergehen, auch nach Opel.“
Festival neben dem laufenden Spielbetrieb gestemmt
Eine Förderung u.a. mit Bundesmitteln, aber auch eigene Gelder machten das einzigartige Vorhaben möglich. 1,1 Mio. Euro standen insgesamt zur Verfügung. War das Geld gut angelegt? „Unbedingt: ja!“, sagt Weber. „Es ging ja nicht um augenblickliche Wirkungen, sondern um Impulse für eine nachhaltige Betrachtung des postindustriellen Standorts.“ Für ihn war es eine Herausforderung, ein internationales Großfestival neben dem laufenden Spielbetrieb zu stemmen. „Das finden Sie an keinem anderen Stadttheater.“
Während „Detroit“ wurden kulturelle Aktionen (Pigeon Projekt im Exzenterhaus) gestartet, Vernetzungen gesucht (n.a.t.u.r.-Festival), aber auch Diskurse geführt, mit Planern, Künstlern, Politiker und Wissenschaftlern der RUB. „Auch zusammen mit den Bürgern wurde Verschiedenes initiiert“, sagt Weber und erinnert z.B. an die nun ins Repertoire aufgenommene Produktion „Die Kinder von Opel“. Wirkung gezeigt habe auch die (inzwischen abgeschaltete) Leuchtschrift am Turm des Bergbaumuseum - ein augenfälliges Symbol für die Dringlichkeit des Wandels. „Die Ausgangslage, auch im Bewusstsein der Bürger, ist nach dem Festival nicht mehr dieselbe wie davor“, steht für Weber fest.
Wertigkeit wird jetzt erst sichtbar
Eines kann man garantiert nicht sagen: Dass das Detroit-Projekt einen kalt gelassen hätte. Ein Jahr lang wurde Unterhaltsames & Kontroverses geboten, und wer sich darauf einlassen mochte, konnte über all die künstlerischen Interventionen hinweg seine ureigene Haltung zum Wandel in Bochum entwickeln. Dass es dafür kein Patentrezept gibt, weiß jeder. So wäre es unfair, ausgerechnet von der Kunst einzufordern, was Politik aktiv gestalten muss.
„Detroit“ war ein Großversuch mit Trümpfen und Macken. Mancher Kunst-Pfad führte in die Sackgasse, manches war schlicht ein Vermittlungsproblem („Was sollen die Stofffahnen über der Kortumstraße?“). Anderes war sehr gelungen, man denke an das „Just in Time“-Event im Schauspielhaus. Und was das Geld angeht: die hohen Bundesmittel für das Detroit-Projekt sind auch als Strukturmittel aufzufassen, denn Kultur & Bildung sind Bochums Pfund als lebenswerte Stadt der Zukunft.
Was nachwirkt, sind die vielen Impulse, die das Detroit-Projekt vermittelt hat. Jetzt, wo es vorbei ist, wird die Wertigkeit erst sichtbar. Bochum zu gestalten, bleibt gleichwohl eine Herausforderung – für alle Bürger. Die Künstler und das motivierte Team des Schauspielhauses haben mit „Detroit“ das Ihre getan.
Jürgen Boebers-Süßmann
Eine Wiederholung/Fortsetzung wird es allerdings nicht geben, jedenfalls nicht in der praktizierten, großen Form. Die Förderbedingungen lassen eine Neuauflage auch nicht zu. Es werde nun darum gehen, die mit „Detroit“ gewonnenen Einsichten, Vernetzungen und Kooperationen auszubauen, so der Intendant. Das kann und will das Schauspielhaus nicht alleine tun. „Es muss nun auf einem dezentralen, lokalen Level weitergehen.“
Hans Hanke (SPD): Fazit aus kulturpolitischer Sicht
„Super, dass man sich engagiert hat, aber ich hätte mir einiges stärker in der Außenwirkung gewünscht“, so der kulturpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Dr. Hans Hanke.
„Kompakter und stringenter“ hätte sich der Kulturpolitiker das Festival gewünscht, der stellenweise ganz praktische Hilfestellungen vermisste: „Wo ist das? Wie komme ich zu den einzelnen Angeboten überhaupt hin? waren Fragen, die auch ich mir gestellt habe“, so Hanke. Im Grundsatz ist er mit dem Ansatz des Festivals aber sehr zufrieden: „Dass das Schauspielhaus sich derart in die Stadt hinein positioniert, ist eminent wichtig.“
Nun will Hanke anregen, dass auch im Kulturausschuss noch einer Nachbetrachtung des Detroit-Projekts erfolgen soll.