Bochum. . Die grausame Ermordung einer Millionärin am Stadtpark 1975 ging in die Kriminalgeschichte ein. Ein Urteil wurde 2007 gesprochen.

Mord verjährt nicht. Das zeigte sich in den vergangenen Jahrzehnten in Bochum bei keinem Verbrechen so deutlich wie beim Stadtpark-Mord. Ein Fall, der in die Kriminalgeschichte einging: 32 Jahre nachdem eine 61-jährige Millionärin in ihrer Villa an der Burggrafenstraße am Stadtpark tot aufgefunden wurde, verurteilte das Schwurgericht einen 73-jährigen Mann aus der Oberpfalz wegen Mordes zu lebenslanger Haft.

„Witwe an der Wäscheleine aufgehängt“ titelte die WAZ am Montag, 11. August 1975. Am Samstag zuvor war die frühere Besitzerin eines bekannten Modegeschäftes in der Innenstadt „mit einer roten Kunstfaserschnur im Trockenkeller der Villa an einem Haken aufgehängt“ worden, wie der damalige WAZ-Reporter Willi Lütkehaus schrieb (zur Zeitungsseite).

Terrier des Mordopfers kläffte „wie von Sinnen“

Ein weißes Bettlaken bedeckte die hängende Leiche, ein Holzrost lehnte gegen die Beine, und in den Mund war ein Wollknäuel gestopft. Der kleine Yorkshire-Terrier „Lucky“ des Opfers kläffte stundenlang „wie von Sinnen“ und gab „auch keine Ruhe, als die Leute von draußen begütigend riefen“, wie der Reporter schrieb.

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Jahrzehntelang blieb der Fall ungeklärt. Im Jahr 2005 landete die Kripo dann aber einen Volltreffer.

Bei einem routinemäßigen Abgleich uralter Tatortspuren mit neueren Fingerabdrücken stellte sich heraus, dass sie zu einem damals 71-jährigen Rentner passen. 22 Jahre nach dem Stadtpark-Mord war er wegen Betrugs aufgefallen, so dass die Polizei seine Fingerabdrücke gespeichert hatte.

Der Notarzt verlässt das vornehme Haus an der Burggrafenstraße, vor dem ein Streifenwagen steht.
Der Notarzt verlässt das vornehme Haus an der Burggrafenstraße, vor dem ein Streifenwagen steht.

Der Mann legte ein Teilgeständnis ab und erklärte, er habe damals bei der Tat in Bochum Schmiere gestanden. Die Tat selbst habe ein ihm unbekannter Komplize begangen. Der Auftrag zu dem Mord sollte gegen ein Geldversprechen – angeblich eine Million Mark – von der in München lebenden Tochter (damals 64 und Alleinerbin) und deren damaligem Ehemann (71) gekommen sein.

Festnahmen in München und San Remo

Die Kripo nahm das frühere Paar in München und San Remo fest. Ebenso einen Rentner (71), der in dem angeblichen Mordkomplott vermittelt haben sollte. „Die sind aus allen Wolken gefallen“, sagte die Kripo.

Egbert Schenkel verteidigte die Tochter des Mordopfers im 16-monatigen Prozess 2006/07. Foto: Ingo Otto
Egbert Schenkel verteidigte die Tochter des Mordopfers im 16-monatigen Prozess 2006/07. Foto: Ingo Otto

Die Ermittler waren sicher, den Mord geklärt zu haben. Aber das Schwurgericht machte da nicht mit. Bis auf den Mann aus der Oberpfalz wurden alle freigesprochen.

„Indizien waren zu unsicher, Zeugen längst verstorben oder nicht mehr im Besitz zuverlässiger Erinnerungen. Die Jahrzehnte haben die genauen Umstände dieses Mordfalls in einen undurchsichtigen Nebel gehüllt“, schrieb die WAZ nach dem Urteil Ende 2007.

Der Mörder wurde nie gefasst

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16 Monate lang hatte der spektakuläre Prozess gedauert. 20 Monate haben alle vier Angeklagten in U-Haft gesessen. Der einzige Verurteilte starb wenige Monate später im Gefängnis an einer schweren Krankheit, noch bevor das Urteil rechtskräftig war. Sein damaliger Komplize am Stadtpark, der eigentliche Mörder, wurde nie gefasst.

Die Tochter des Mordopfers war im Prozess verzweifelt, denn auch sie beteuerte ihre Unschuld: „Das ganze Erbe: Alles geht kaputt. Ich sitze hier und sitze hier. Das ganze Leben geht kaputt.“

Verteidigt wurde sie vom Bochumer Strafverteidiger Egbert Schenkel. Auch für ihn war der Fall ein ganz besonderer: „Sie hat von Anfang an gesagt, sie hat mit den Vorwürfen nichts zu tun. Sie hat das entschieden in Abrede gestellt“, sagt er heute, fast 43 Jahre nach dem Mord.

Der Bochumer Strafverteidiger Egbert Schenkel über den Stadtparkmord.

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    Dieser Artikel ist Teil des Projektes „70 Jahre WAZ – 70 Jahre Bochum“. Unser Zeitstrahl Bochum70.waz.de bietet zu Nachrichten und Ereignissen, die für Bochum(er) zwischen 1948 und 2018 wichtig waren, historische Filmaufnahmen, Fotos und die alten WAZ-Zeitungsseiten zum Durchblättern. Auf dem Spezial können Sie auch eigene Bochumer Stadtgeschichten und Fotos hochladen. Das erste Jahresthema der Multimedia-Chronik: die Gründung der WAZ in Bochum im Jahr 1948.

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    Tatort Stadtpark: Eine Bochumer Millionärswitwe ist mit einer Kunstfaserleine aufgehängt worden. Das bestätigt am 11. August 1975 der Notarzt, der die Villa an der Burggrafenstraße verlässt. © Willi Lütkehaus
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    ... darunter die Tochter des Opfers und ihren Ehemann. Die beiden werden beim Prozess Ende 2007 freigesprochen. Der damals 73-jährige Oberpfälzer hingegen wird zu lebenslanger Haft verurteilt. Doch der eigentliche Mörder wurde nie gefasst. © Michael Korte
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