Bochum. Das Sportgerichtsurteil für Bochum lässt Raum für Kritik. Union Berlin aber schießt massiv übers Ziel hinaus. Ein Kommentar.

Natürlich weiß Dirk Zingler, was er da tut. Natürlich weiß er, dass die Emotionen schnell hochkochen im Fußball, wo ja oft mit erhöhter Betriebstemperatur diskutiert wird, erst recht in diesem Fall um ein Skandalspiel, einen Feuerzeugwurf, durch den ein Mensch am Kopf verletzt wurde, und nun eine Spielwertung, die eingreift in den Abstiegskampf, der ja immer auch ein Existenzkampf ist: Wer da weiteres Öl ins Feuer gießt, weiß, dass die Flammen hochschlagen.

Selbstverständlich ist es dabei erlaubt, das Urteil des Sportgerichts zu kritisieren, dafür gibt es ja auch Ansatzpunkte: Aus der Vergangenheit kannte man aus ähnlichen Fällen eher Wiederholungsspiele, wenn ein Spieler durch äußeren Einfluss verletzt, die Partie aber nicht abgebrochen, sondern zu Ende gebracht wurde. Dass der DFB im ersten Urteil die drei Punkte nun an Bochum gibt, ist also ungewöhnlich, und natürlich ruft ein solcher Präzedenzfall Kritiker auf den Plan. Manche mit unbrauchbaren Argumenten, etwa der Warnung vor Nachahmern – die es ja bei einem milden Urteil erst recht gäbe. Andere aber mit sehr sinnvollen Hinweisen, etwa denen, dass die DFB-Statuten durchaus andere Möglichkeiten hergegeben hätten, mit diesem Fall umzugehen.

Auch Sportrechtler kommen hier bei Ansicht derselben Ereignisse und derselben Paragrafen zu ganz unterschiedlichen Schlüssen. Vollkommen legitim also, dass diskutiert wird. Vollkommen legitim, dass Union Einspruch einlegt. Vollkommen daneben aber, mit welchen Worten das begleitet wird. Dass von Union-Präsident Zingler und einigen anderen Berliner Verantwortlichen sehr offen darüber sinniert wird, dass VfL-Torhüter Patrick Drewes nur simuliert habe, geht gar nicht. Dass insgesamt der VfL Bochum mit aller Schärfe attackiert wird, weil er sein Recht wahrnimmt, das Sportgericht anzurufen, ist der nächste Skandal.

Bochum-Torwart Patrick Drewes wird vom Opfer zum Täter gemacht

Man muss ja mal festhalten: Auslöser der ganzen Affäre ist ein Feuerzeugwurf eines Union-Fans gepaart mit einem Berliner Ordnungsdienst, der das nicht verhindern konnte. Dann mag der Schiedsrichter im Umgang damit Fehler gemacht haben, indem er das Spiel einerseits fortsetzen ließ, andererseits aber nach der Hälfte der noch ausstehenden Nachspielzeit beendete. Ein Spielabbruch light, den die Regeln so nicht hergeben. Auch das Sportgericht mag Fehler gemacht haben, das wird das Berufungsverfahren zeigen.

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