Bochum. Im ersten Teil unseres Interviews spricht Dieter Hecking über seine Bilanz nach einem Monat VfL Bochum, den Kader und warum sich Manuel Riemann gedulden muss.
Dieter Hecking wirkt entspannt, als er aus dem Büro in der vierten Etage des Stadioncenters kommt. Der Trainer des VfL Bochum hatte die Vormittagseinheit mit der Mannschaft hinter sich, tauschte sich gerade mit Kollegen in der Geschäftsstelle des Bundesligisten aus und trifft nun die beiden Redakteure zum Interview. Genau einen Monat war er beim Gesprächstermin als Cheftrainer im Amt.
Im Interview spricht der 60-Jährige darüber, wie er diese Zeit wahrgenommen hat, wie er den Kader beurteilt, was passieren muss, damit die jungen Talente wie Mats Pannewig Einsatzzeiten bekommen, warum etwa Top-Neuzugang Dani de Wit derzeit keine Rolle unter ihm spielt und warum Manuel Riemann vorerst wohl keine Einsätze bekommen wird. Im zweiten Teil des Interviews, das am Freitagmorgen erscheinen wird, äußert sich Hecking zum Spiel gegen Werder Bremen und die Kaderplanung im Winter.
Herr Hecking, vor einem Monat haben Sie Ihr Amt angetreten, wollten wieder eine Einheit schaffen. Haben Sie das bereits aus Ihrer Sicht geschafft?
Dieter Hecking: Zu dem Zeitpunkt kannte ich die Mannschaft inhaltlich gar nicht. Ich musste gucken, was ich vorfinde und natürlich gibt es Gruppen. Die arbeiten aber nicht gegeneinander. Auf und neben dem Platz stellen wir wieder eine Einheit dar. Viele Dinge sind nicht so schlecht, wie es teilweise gemacht wurde. Intern sind die Abläufe nicht eingeschränkt. Das Bild vom VfL Bochum ist nach vier Wochen positiv.
Welchen Eindruck haben Sie in dieser Zeit vom Kader gewonnen – ist er bundesligareif?
Zwei Punkte nach zwölf Spieltagen – da gibt es für alle erkennbar eine Unwucht. Im Sommer musste der Kader verändert werden, weil Stammspieler gegangen sind. Hätte ich Kevin Stöger, Keven Schlotterbeck, Takuma Asano und Patrick Osterhage hier, wäre ich sicherlich schon weiter. Es wurde aber nach bestem Gewissen gehandelt, um diese Spieler mit den gebotenen Möglichkeiten zu ersetzen. Ich sehe eine Mannschaft, die versucht, die Dinge mit uns umzusetzen. Das nackte Zahlenergebnis zeigt momentan etwas anderes, aber wir versuchen den Beweis zu erbringen, dass der Kader bundesligareif ist. Ich bin zuversichtlich, dass wir die richtigen Hebel finden.
Dieter Hecking: Darum spielt Dani de Wit nicht
Gegen Augsburg standen nur zwei Neuzugänge in der Startelf. Dani de Wit scheint noch gar nicht reingefunden zu haben. Wie sehen Sie ihn?
Er ist für mich ein Zehner, kann sicher auch als Achter spielen. Momentan gibt es seine Position in unserem System nicht. Dem muss er sich stellen. Vielleicht gibt es die Möglichkeit, dass wir das System noch einmal anpassen, dann gibt es auch für Dani wieder die Rolle. Er muss mit Leistung untermauern, dass er in die Startelf gehört.
Hat sich der VfL Bochum im Sommer „vershoppt“?
Mir steht es nicht zu, die Transferphase zu beurteilen, weil ich nicht in den Gesprächen dabei war. Ich kann nur sagen, dass sich die Spieler sehr fokussiert präsentieren, hier mit uns etwas zu erarbeiten. Wofür das reicht, werden wir erst nach 34 Spieltagen sehen.
Sie sind ein Trainer, der in der Vergangenheit gerne auf junge Spieler gesetzt hat. Ist es aktuell eine zu schwierige Situation für die Talente?
Nein. Wenn sie ihre Leistungen bringen, werde ich sie reinwerfen. Für mich gibt es nur besser oder schlechter – nicht jung oder alt. Mit Mats Pannewig haben wir zum Beispiel einen Spieler, auf den es sich lohnt zu bauen. Auch bei den anderen jungen Spielern sehe ich gute Ansätze. Sie müssen etwas Geduld haben, sie müssen sich in gute körperliche Verfassung bringen und brauchen Einsatzminuten. Deshalb hat ein Samuel Bamba auch in der Oberliga gespielt. Bei Niklas Jahn ergibt vielleicht eine Leihe zum aktuellen Zeitpunkt Sinn, damit er auf hohem Niveau Einsatzzeiten bekommt. Die jungen Spieler halten im Training gut mit. Daraus entsteht aber auch eine Anspruchshaltung, die wir nicht allen erfüllen können.
Haben Sie es inzwischen schon bereut, wieder Trainer zu sein?
Nein. Die Entscheidung habe ich bewusst getroffen und es macht mir wahnsinnig viel Spaß, obwohl die Situation sportlich nicht leicht ist. Die Jungs ziehen sehr gut mit.
Das tut Dieter Hecking, damit die Köpfe der Spieler oben bleiben
Haben Ihre Spieler denn noch Spaß? Nimmt man die Vorsaison hinzu, hat der VfL aus den letzten 24 Bundesliga-Partien nur zwei Siege und fünf Remis geholt. In dieser Saison gab es erst zwei Punkte in zwölf Partien, dazu das Pokal-Aus in der ersten Runde in Regensburg.
Diese Serie macht etwas mit den Spielern und dem Verein, keine Frage. Wenn du Erfolgserlebnissen nur hinterherläufst, dann ist das zermürbend. Dafür ist die Stimmung aber noch gut. Wir dürfen nur nicht vom Gaspedal gehen, müssen immer Energie vorleben, damit wir endlich den berühmten Bock umstoßen. Die Mannschaft ist willig!
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Was machen Sie konkret, damit die Köpfe oben bleiben?
Ich versuche es mit Ruhe und positiver Ausstrahlung. Und ich habe den Rucksack der ersten Saisonphase nicht. In den drei Spielen unter mir sehe ich Fortschritte. Wenngleich die Passquote zu gering ist, wir den Spielern mehr Ideen im Spielaufbau geben müssen. Wichtig wird sein, dass wir die Spieler herausfiltern, die mit dieser Situation am besten umgehen und dem Druck standhalten. Da bin auch ich noch dabei, die Richtigen zu finden.
Früher haben sich Mannschaften eingeschlossen, sich die Meinung gegeigt und sind gestärkt hervorgekommen. Ist diese Denkweise veraltet?
Solche Aktionen müssten aus der Mannschaft herauskommen. Ich fände es aber gut. Wir haben eine sehr offene Ansprache. Ich beziehe die Spieler mit ein, frage sie nach Lösungen für bestimmte Spielsituationen. Wir tun alles, damit es in die richtige Richtung geht.
Dieter Hecking: Vollste Rückendeckung für Patrick Drewes
Es hieß im Saisonverlauf, es gäbe zu viele nicht deutschsprachige Spieler in der Kabine. Ist das ein Problem?
Der Fußball ist internationaler geworden, dem müssen wir uns auch anpassen. Der Pool mit deutschen Spielern auf diesem Niveau wird kleiner. Dass der VfL sich international nach Spielern umgeguckt hat, ist nichts Neues und damit ist der Verein auch nicht allein. Wichtig ist, dass alle mitziehen. Und das tun sie.
In der vergangenen Saison gab es diesbezüglich Probleme mit Manuel Riemann. Nun ist er seit einigen Wochen wieder dabei. Hat sich in der Kabine etwas verändert?
Er verhält sich professionell, unterstützt die Spieler, ist nicht außen vor. Ich erwarte von allen Professionalität. Manuel versucht sich im Training in Form zu bringen, will die Dinge lösen, genau wie Patrick Drewes und Timo Horn. Man sieht, warum er über Jahre die Nummer eins war. Ich habe aber momentan nicht das Gefühl, dass wir auf der Position etwas verändern müssen. Die Kontinuität möchte ich schützen und Patrick bekommt meine vollste Rückendeckung.
Das kann sich aber noch ändern?
Ich schließe nie etwas aus. Jeder Keeper hat für sich Stärken und Schwächen – und bei der Situation dürfen wir Timo Horn nicht vergessen. Er füllt seine Rolle als zweiter Torwart hervorragend aus, will aber auch spielen. Wir haben aktuell eher einen Spitzentorwart zu viel im Kader. Im Moment sehe ich keinen Grund dafür, Patrick Drewes aus dem Tor zu nehmen. Sollte er mal ausfallen, dann wäre es aktuell Timo Horn, der reinkommen würde.
Hier lesen Sie den zweiten Teil des Interviews mit Dieter Hecking.
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