Bochum. Die Spieler des VfL Bochum geben sich vor der Partie in Leipzig kampfbereit, wollen Zählbares holen. Trainer Reis äußert sich zum Ultras-Boykott.

Man darf es als gutes Zeichen deuten, dass die Spieler des VfL Bochum trotz durchaus beherzter Auftritte daheim nicht zufrieden sind. „Wir wollten mehr Punkte auf dem Konto haben“, sagt Gerrit Holtmann, der gut in die Saison gestartete Flügelstürmer, vor dem schweren Auswärtsspiel beim Vizemeister RB Leipzig an diesem Samstagabend (18.30 Uhr/Sky).

Vier Punkte hat Bochum geholt, alle im Ruhrstadion. Das 1:3 gegen Hertha BSC war dabei die bitterste Niederlage der bisherigen Saison, dem 0:7 in München zum Trotz. Das letzte Auswärtsdebakel beim derzeit jeden Gegner niederrollenden FC Bayern, diese höchste Niederlage in der langen Bundesliga-Geschichte des Vereins, ist offenbar abgehakt beim VfL Bochum.

Löwen, Holtmann, Antwi-Adjei und Polter sind offensiv gefordert

Gegen Stuttgart zeigte sich der VfL als Team, in der Defensivarbeit stark verbessert. „Wir haben zu Null gespielt, das war für uns alle enorm wichtig“, sagt Eduard Löwen, einer der Hoffnungsträger im zentralen Mittelfeld. „Aber wir müssen vorne den unbedingten Willen zeigen, das Tor zu machen.“

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Löwen selbst kommt neben Holtmann und Flügelkollege Christopher Antwi-Adjei, die beide eher Vorbereiter als Vollstrecker sind, sowie Stoßtstürmer Sebastian Polter dabei eine zentrale Rolle zu. Seine Standards sind weiterhin ausbaufähig, sie könnten aber gegen einen mutmaßlich dominanten Gegner wie Leipzig den Unterschied machen.

Kapitän Anthony Losilla setzt auf Tempo über Außen

Zudem soll der VfL „effizienter“ werden, zielstrebiger. „Leipzig spielt mit viel Risiko im Aufbau. Das müssen wir besser als bisher ausnutzen und schnell umschalten“, sagt Kapitän Anthony Losilla. „Wir haben die Qualität, Leipzig vor Probleme zu stellen, vor allem durch unsere Schnelligkeit.“

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Dabei darf der VfL seine Ordnung nicht verlieren wie in München. „Wichtig wird es sein, defensiv kompakt zu stehen, so wenig wie möglich zuzulassen“, sagt Löwen. „Wir müssen aggressiv in den Zweikämpfen sein und gemeinsam agieren, nicht jeder für sich selbst. Wenn wir das an den Tag legen und vorne unsere Chanen nutzen, können wir etwas holen.“

Auswärts hat Bochum bisher nicht genug Leidenschaft gezeigt

Der 24-Jährige zeigte gegen Stuttgart als Zehner eine klar aufsteigende Form, am Limit ist er – hoffentlich aus VfL-Sicht – noch längst nicht. Vor dem folgenden ersten Schlüsselspiel im Abstiegskampf, auswärts in Fürth am 16. Oktober, soll Löwen einen weiteren Schritt nach vorne machen. Er soll das Team mit anführen, und zwar verbal, defensiv und offensiv.

Der von Berlin ausgeliehene Mittelfeldmann, in München zunächst nur auf der Bank, ist durchaus optimistisch: „Es wird ein schweres Spiel“, sagt er. „Aber dass in Leipzig sowieso nichts zu holen ist, mit der Einstellung gehen wir nicht ins Spiel.“

Ein Remis wäre schon so etwas wie ein Paukenschlag. Es wäre ein so genannter Bonus-Punkt in der Zwei-bis Drei-Klassengesellschaft namens Bundesliga, in der Leipzig trotz des Stotterstarts mit dem Aussetzer in Mainz (0:1) zweifellos zur ersten Klasse gehört. „Wir sind zuhause auf einem guten Weg, haben da mehr Leidenschaft gezeigt“, lobt und kritisiert Kapitän Anthony Losilla zugleich. „Das müssen wir jetzt auch auswärts umsetzen.“ Auswärts war der VfL bisher chancenlos. Und zeigte weitgehend auch nicht die Leidenschaft wie daheim.

Leipzig ist eine Art Lieblingsgegner von Sebastian Polter

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Dass Simon Zoller fehlt und vermutlich bis zum Saisonende fehlen wird, sollte jetzt nicht jede Woche das Kernthema sein. Andere sind gefordert, den Bann zu brechen. Denn Fakt ist: Das 2:0 von Sebastian Polter gegen Mainz liegt über 400 Minuten zurück. Es war der letzte VfL-Treffer eines Spielers, der nicht den Namen Zoller trägt.

Vielleicht ist es ja ein gutes Omen, dass Polter ganz andere Erinnerungen an Leipzig hat als sein neuer Verein. Bochum hat in vier Zweitliga-Duellen und zuletzt im Februar im Pokal (0:4), als Trainer Reis allerdings einige Stammkräfte schonte für den Aufstiegskampf, bisher stets verloren. Für Polter ist Leipzig dagegen eine Art Lieblingsgegner. Für den VfL Wolfsburg II und Union Berlin erzielte der junge Polter bereits vier Treffer gegen RB.

Beim 0:4 im Pokal sahen keine Fans zu – diesmal wohl mehr als 25.000

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Im Vergleich zum 3. Februar, als die Julian-Nagelsmann-Männer noch auf Meisterkurs waren und der VfL in der 2. Liga, wird auch die Stimmung diesmal anders sein in der Sitzplatz-Arena des größten Emporkömmlings im deutschen Fußball der letzten Jahre. Deutlich mehr als 25.000 Fans werden erwartet in Zeiten der Öffnungsschritte in der Coronakrise. Im Februar war Leipzig noch eine leblose Stadt mit geschlossenen Restaurants und Geschäften und ohne Fans im Stadion.

Ultras Bochum boykottieren die Partie - das sagen Reis und Schindzielorz

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Rund 500 Bochumerinnen und Bochumer werden ebenfalls vor Ort sein, während die Ultras den Weg zum ungeliebten „Retortenklub“, so ihre Sicht, weiterhin meiden. Es sei jedem selbst überlassen, ins Stadion zu gehen, sagte Trainer Reis bereits am Donnerstag zum Boykott von Teilen der Anhängerschaft. Er merkte aber an, dass es ja letztlich darum ginge, „die eigene Mannschaft zu unterstützen“.

Und mit der Unterstützung der Fans in den ersten Bundesligaspielen waren die Trainer, die Spieler, der ganze Verein bisher mehr als zufrieden. „Ich möchte mich bei allen unseren Fans für den bisherigen großartigen Support bedanken – sowohl zu Hause als auch auswärts“, sagte Sport-Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz auf der Spieltags-Pressekonferenz. „Das hat uns mit Sicherheit sehr geholfen.“

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In München bekanntlich nicht, und das soll sich nicht wiederholen. Christopher Antwi-Adjei jedenfalls ist von einer Chance für den VfL überzeugt. „Das ist eine schwere, aber keine unlösbare Aufgabe. Wir fahren da hin, um etwas mitzunehmen.“

Wer spielt, wer fehlt? Teams und Fakten

RB Leipzig: Gulacsi - Simakan, Orban, Gvardiol - Klostermann, T. Adams, A. Haidara, Angelino - Nkunku, Forsberg - Poulsen.

Alternativen: Martinez, Tschauner, Henrichs, Mukiele, Ilaix Moriba, Kampl, Laimer, Raebiger, Szoboszlai, Brobbey, Novoa, Silva

Es fehlen: Dani Olmo (Muskelfaserriss im Oberschenkel), Halstenberg (Sprunggelenkverletzung).

Der früh in die Kritik geratene neue Trainer Jesse Marsch stellt nach dem 1:2 gegen Brügge vermutlich wieder auf eine Dreierkette um, damit war Leipzig gegen Hertha BSC erfolgreich. Klostermann und Angelino machen daraus außen dann defensiv eine Fünferkette. Joscha Wosz, der Neffe von VfL-Legende Dariusz Wosz, zählte zuletzt nicht zum Kader.

VfL Bochum: Riemann - Bockhorn,Masovic, Bella-Kotchap, Soares - Losilla, Rexhbecaj - Antwi-Adjei, Löwen, Holtmann - Polter.

Reserve: Esser - Lampropoulos, Asano, Blum, Osterhage, Pantovic, Tesche, Ganvoula.

Es fehlen: Zoller (Kreuzbandriss, Leitsch, Hartwig, Weilandt (alle muskuläre Probleme), Gamboa (Aufbautraining nach Ellbogen-OP), Torwart Grave (nach Schulter-OP), Stafylidis (Prellung). Decarli, Bonga und Novothny trainieren in Bochum unter Co-Trainer Frank Heinemann.