Bochum. Nach zwei Spielen ohne Treffer will der VfL Bochum in Leipzig zuschlagen. Auch Sebastian Polter ist gefordert, seine Statur besser einzusetzen.

In Leipzig herrscht wieder dicke Luft nach dem 1:2 gegen Brügge in der Champions League. Drei Tage zuvor hatte der seit dieser Saison neue und bereits angezählte Trainer Jesse Marsch noch beste Laune, und mit ihm der ganze Klub. Beim 6:0 gegen Hertha BSC verging nur den Berlinern mal wieder das Lachen.

„In der Liga“, sagt VfL Bochums Trainer Thomas Reis vor dem auf dem Papier ungleichen Duell seiner Aufsteiger beim Vizemeister, „ist Leipzig auf einem guten Weg. Das hat Hertha zu spüren bekommen.“

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Beim bei vielen Fans aller anderen Bundesligisten weiterhin ungeliebten Rasenballsportverein Leipzig soll ein kleiner Machtkampf auch zwischen Teilen des Teams und dem Trainer toben über die taktische Ausrichtung.

Bochums Trainer Reis erwartet Leipzig mit einer Dreier-/Fünferkette

Gegen Hertha setzte Marsch auf eine Dreier-/Fünferkette, es war eine Rückkehr zum System von Julian Nagelsmann. Gegen Brügge zog er seine Idee mit einer Viererkette durch. Bochums Coach Reis rechnet damit, dass Leipzig nun wieder mit Dreier-/Fünferkette agiert, zumal der spanische Linksverteidiger Angelino, einer der Topstars und gegen Brügge gesperrt, wohl trotz muskulärer Probleme während dieser Woche wieder mitwirken kann.

Dass es in Leipzig rumort, „beschäftigt uns nicht“, versichert Reis. Er erwartet Leipzig im Hertha-Stil: mit einem „brutal intensiven Pressing und Gegenpressing“. Gemessen an der Intensität, am Tempo schätzt Reis Leipzig im Umschaltspiel sogar stärker ein als den FC Bayern, der dafür allerdings eine insgesamt höhere individuelle Qualität und noch bessere Mannschaft auf den Rasen stelle, so der Coach. Dass der VfL in München 0:7 unterging, ist nicht vergessen. „Wir dürfen uns keine Ballverluste im Zentrum leisten, sonst wird das eiskalt bestraft“, mahnt Reis. Überhaupt sollte sich Bochum nicht so viele Fehler leisten wie beim FC Bayern.

Diese Chancen bieten sich dem VfL Bochum

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Die hohe Verteidigung, das aggressive Pressing – teils attackieren fünf Leipziger schon in Strafraumnähe des Gegners – birgt aber auch Chancen für den Gegner. „Es ergeben sich Räume“, sagt Reis. „Die müssen wir nutzen.“ Dafür müsse man „hinter die Kette kommen“. Mit langen Bällen auf die schnellen Außen. Dann ist das hoch verteidigende Starensemble aus Sachsen, ist diese „eigentlich übermächtige Mannschaft mit extrem hoher individueller Qualität“, so Reis, defensiv verwundbar.

Wenn dann noch der letzte Pass ankommt bei Stoßstürmer Sebastian Polter oder einem auf- oder eingerückten Spieler, kann Bochum zu Chancen kommen. Das ist zumindest das Ziel. Genauigkeit beim letzten Pass, bei den Flanken, der Abschluss waren und sind ein großes (Dauer-)Thema beim VfL-Training. „Wir wollen nicht nur gut und kompakt verteidigen, sondern auch Chancen kreieren“, sagt Reis.

Bälle besser halten und ablegen: Das erwartet Reis von Stürmer Polter

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Auf Polter müssen nach dem Aus von Simon Zoller (Kreuzbandriss), der mit zwei Treffern und zwei Vorlagen an allen vier Saisontoren beteiligt war, dabei fast zwangsläufig große Hoffnungen ruhen. Der 30-Jährige hat gegen Mainz - nach Zollers Flanke - getroffen. Defensiv hilft er tatkräftig mit, leitet engagiert das Pressing ein, köpft auch Bälle aus dem eigenen Strafraum. Offensiv ist Luft nach oben. „Er muss mit seiner Größe die Bälle noch besser halten und auf andere ablegen“, erwartet Reis mehr vom 30-Jährigen. Er betont aber: „Wir müssen insgesamt als Mannschaft effektiver werden.“

Die statistischen Zahlen belegen das zum Teil. Mit 21 herausgespielten Torchancen rangiert der VfL an drittletzter Stelle, vor Hertha und Augsburg. Bei der Chancenverwertung dagegen kommt Bochum immerhin auf 19 Prozent und damit Rang 14 – gemessen am Saisonziel Klassenerhalt ist der VfL hier also absolut im Soll.

Danny Blum und Takuma Asano übernehmen wieder die Joker-Rolle

Beim 0:0 gegen den VfB sah Thomas Reis im Vergleich zum Hertha-Spiel (1:3) bereits eine deutliche Steigerung. Während Herthas Torwart Alexander Schwolow kaum einen Ball halten musste, war VfB-Keeper Florian Müller mehrmals mit den Fäusten zur Stelle, etwa nach den Schüssen von Eduard Löwen in der ersten und Christopher Antwi-Adjei in der zweiten Halbzeit. „Wir hatten fünf, sechs klare Abschlüsse“, hadert Reis mit dem Ertrag. Der Null.

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In Leipzig aber gilt es zunächst, erneut kompakt zu verteidigen, durchzudecken im Brügge-Stil, die Ordnung zu halten, die Klasse eines Stürmers wie Christopher Nkunku oder eines Gestalters wie Emil Forsberg in den Griff zu bekommen. Voraussichtlich setzt Reis dabei auf eine unveränderte Startelf und unveränderten Kader.

Auch Danny Blum, der gegen Stuttgart nach fünfmonatiger Verletzungspause sein Kurz-Comeback gab für die letzten zehn Minuten, und Takuma Asano, eingewechselt in Minute 71 und dann ohne Wirkung, werden als Optionen für den Außenangriff mitfahren. Beide machten weiter gute Fortschritte, sagt Reis. Beide seien aber „noch nicht bei 100 Prozent“.