London. Sabine Lisicki zog mit einem 6:3, 6:3-Sieg gegen Kaia Kanepi (Estland) ins Halbfinale von Wimbledon ein und trifft nun auf die Polin Agnieszka Radwanska. Lisicki wirkte vom ersten Schritt unter dem grauen Himmel hochkonzentriert, sie war die Miss Cool von London.
Manchmal sagt sie mit vielen Worten wenig, manchmal mit wenigen eine ganze Menge. Ob sie nach dem Triumph gegen Serena Williams und der überzeugenden Bestätigung 24 Stunden später beim Viertelfinal-Sieg gegen Kaia Kanepi (6:3, 6:3) das Gefühl habe, dass nun in Wimbledon alles möglich sei für sie, wurde Sabine Lisicki am Dienstag gefragt. Ihre Antwort kam zwar nicht mit der Geschwindigkeit ihres Aufschlages, aber ziemlich schnell. „Ich dachte schon bevor das Turnier losging, dass alles möglich ist.“
Wimbledon findet Gefallen an den Auftritten der blonden Deutschen
Von Tag zu Tag sehen das mehr Leute so; die Komplimente strömen aus allen Ecken herein. Mit Fotos ihres großen Sieges gegen Williams landete Lisicki auf den Titelseiten zweier Londoner Tageszeitungen – und das, obwohl die britische Hoffnung Andy Murray am gleichen Tag auch gewann.
Keine Frage, Wimbledon findet Gefallen an den Auftritten der blonden Deutschen – zumal diese mit sichtlich Spaß bei der Sache ist. Dennoch war vor dem Viertelfinale gegen Kanepi klar, dass es darauf ankommen würde, schnell zur Tagesordnung zurückzukehren, wieder im Arbeitsmodus zu landen.
Es gab ja genügend Beispiele, was nach einem großen Sieg passieren kann. Sergej Stachowski verlor nach dem Sieg gegen Roger Federer in der nächsten Runde, Dustin Brown nach Lleyton Hewitt, Michelle Larcher de Brito nach Maria Scharapowa. Und der Belgier Steve Darcis konnte nach dem Sieg gegen Rafael Nadal zur folgenden Partie gar nicht erst antreten.
Doch Lisicki wirkte vom ersten Schritt unter dem grauem Himmel hochkonzentriert, sie war die Miss Cool von London. Um ein wenig mehr Zeit zur Regeneration zu haben, hatte sie ihren geplanten Auftritt am Abend zuvor im Mixed mit Partner Mark Knowles abgesagt, war früh ins Bett gegangen und hatte versucht, das Karussell der Gedanken anzuhalten. Auf die Frage, ob sie nach dem grandiosen Auftritt gegen die Titelverteidigerin nicht befürchte, nun die Favoritenlast tragen zu müssen, hatte sie geantwortet: Nö, gegen Kanepi seien die Chancen gleich verteilt.
Aber das stimmte bereits nach einer Viertelstunde nicht mehr. Nach einem schnellen Break übernahm die gebürtige Troisdorferin sofort das Kommando, ließ die Estin nicht in Spiel kommen. Nach einer guten halben Stunde hatte Lisicki den ersten Satz in der Tasche, zu Beginn des zweiten geriet sie zwar kurz in Rückstand, schlug aber sofort zurück, ging 4:2 in Führung und war danach nicht mehr zu stoppen. Nervosität? Favoritenrolle? Danke, geschenkt. Die ganze Freiheit ihres Auftritts spiegelte sich in der Art, wie sie den dritten Matchball nach gut einer Stunde verwandelte, mit einem Volley, einem passenden letzten Punkt. Diesmal ging sie nicht zu Boden wie nach dem Sieg gegen Serena Williams, und so sah es selbst am Ende noch aus, als sei alles ganz einfach gewesen.
Lisicki ist besser vorbereitet als 2011
Wie es im Halbfinale weitergehen wird? Mit einer Gegnerin, die am Dienstag deutlich länger und härter arbeiten musste als sie selbst. Zwei Stunden und 43 Minuten und acht Matchbälle brauchte Agnieszka Radwanska, die Finalistin des vergangenen Jahres, zum Sieg gegen die Chinesin Li Na (7:6, 4:6, 6:2). Die Polin ist an Nummer vier gesetzt, bezwang im letzten Jahr in der Vorschlussrunde an gleicher Stelle die Deutsche Angelique Kerber. Favoritin ist Lisicki in diesem Duell sicher nicht.
Aber unabhängig vom Namen der Gegnerin glaubt Lisicki, diesmal besser mit der Herausforderung des Halbfinales umgehen zu können als noch vor zwei Jahren gegen Maria Scharapowa. „Ich bin definitiv besser in Form als damals“, sagt sie „und ich hab das Gefühl, auch besser darauf vorbereitet zu sein“. Bisher ließ sie bei diesem Turnier allen Worten Taten folgen.
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