London. Zwei Deutsche stehen im Achtelfinale von Wimbledon, doch für Tommy Haas und Sabine Lisicki wird die Runde der letzten 16 aller Voraussicht nach zur Endstation: Haas spielt gegen Novak Djokovic, Lisicki gegen Serena Williams. Zuversichtlich sind die Außenseiter dennoch.

Auf dem Dach des Fernsehzentrums trafen sie sich: Er, der reife Muster-Athlet, 35 Jahre alt, nimmermüde und noch immer erfolgsbesessen. Sie, dauergrinsend, ein Quell der Fröhlichkeit, der mit 23 Jahren die Leichtigkeit des Lebens entdeckt hat. Tommy Haas und Sabine Lisicki sind die beiden verbliebenen deutschen Hoffnungsträger in Wimbledon, und sie lächeln gekonnt in jede Kamera. Ob sie das wichtigste Tennisturnier der Saison über den Achtelfinalmontag hinaus genießen dürfen, ist allerdings höchst unwahrscheinlich.

Haas und Lisicki bekommen es nach dem traditionell spielfreien Sonntag mit den Besten der Besten zu tun. Novak Djokovic und Serena Williams sind beide die Nummer eins ihrer Weltranglisten und haben sich im Turnierverlauf noch keine Schwäche geleistet. Kaum jemand rund um den All England Club im Londoner Südwesten zweifelt daran, dass Haas und Lisicki ziemlich chancenlos ausscheiden werden.

Auch interessant

Außer sie selbst. Die beiden Bollettieri-Schüler, die früh in die USA gegangen waren, um das Tennis und die Selbstverständlichkeit des Siegens im Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu lernen, sind zuversichtlich. Sie wissen, dass besonders bei diesem Wimbledon Überraschungen möglich sind und bisher fast an der Tagesordnung waren. "Ich fühle mich gut und habe sicher aus der Partie in Paris etwas gelernt", sagt Haas, der zuletzt im Viertelfinale der French Open gegen Djokovic verloren hatte.

Williams "auch nur ein Mensch"

Für Lisicki ist "Serena auch nur ein Mensch". Angst, sagt sie, habe sie auf dem Tennisplatz sowieso nicht, vor nichts und niemandem. Ihre bisherigen Leistungen, auch der Dreisatzsieg gegen die frühere US-Open-Siegerin Sam Stosur (Australien) am Samstag, machen Lisicki Mut. Sie liebt Wimbledon, sie liebt den Centre Court, auf dem sie den Achtelfinaltag um 14.00 Uhr MESZ eröffnet. Das betont sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Ihr Spiel mit dem starken Return und dem noch stärkeren Aufschlag passt perfekt auf den Heiligen Rasen.

"Das werden die Schlüssel in diesem Match sein", sagt Lisicki, die es mag, "der Underdog zu sein. Da habe ich nichts zu verlieren." Damit hat die Berlinerin recht, immerhin gilt Serena Williams derzeit als unschlagbar und eben nicht mehr menschlich. 34 Spiele in Serie hat die Amerikanerin gewonnen, zuletzt feierte sie ihren 600. Erfolg auf der WTA-Tour gegen die Japanerin Kimiko Date-Krumm im Schnelldurchgang.

Auch interessant

Alles, was Lisicki kann, kann Williams besser. Sie serviert bis zu 200 km/h, kann aber auch Kick. Sie returniert brachial die Linie entlang, kann den Ball aber auch mit Spin ins Feld spielen. Außerdem wird Williams Lisicki nicht unterschätzen: "Ich muss die Aufgabe ernsthaft angehen", sagt die fünfmalige Wimbledonsiegerin.

Sieg in Miami - Niederlage in Paris

Ernsthaft und mit großem Respekt wird auch Novak Djokovic seinen neun Jahre älteren Kontrahenten Haas im dritten Spiel auf dem Centre Court erwarten. "Das Spiel wird eine große Herausforderung für uns beide", sagt der Wimbledon-Champion von 2011: "Er spielt fast das beste Tennis seiner Karriere, ist fit, sieht nicht aus wie ein 35-Jähriger und hat unvorstellbar viel Selbstvertrauen auf dem Court."

Djokovic weiß, wovon er spricht, immerhin hat der Australian-Open-Sieger in diesem Jahr schon einmal gegen Haas verloren. Beim Masters in Miami überraschte Haas sich selbst und die gesamte Tenniswelt, und auch in diesen Tagen stimmt die Form, wie er am Samstag beim Viersatzsieg über Feliciano Lopez erneut unter Beweis stellte.

Mut macht dem deutschen Tennispaar Haas und Lisicki auch ein Blick in die Wimbledon-Geschichte: 2009 bezwang Haas Djokovic im Viertelfinale. "Das ist eine schöne Erinnerung", sagt er. Lisicki erreichte bei ihren vergangenen drei Teilnahmen stets mindestens das Viertelfinale und schlug dabei immer die amtierende French-Open-Siegerin. Die derzeit bekanntlich Serena Williams heißt. (sid)