Schladming. Felix Neureuther machte die Freude der deutschen Alpinen perfekt. Mit Silber im Slalom beendete er eine schier endlose Durststrecke. Nach zwei Medaillen von Maria Höfl-Riesch und einer des Teams schraubte Neureuther die Bilanz hoch. Viermal Edelmetall macht Mut für Sotschi.
"Yes Baby", "Ja Mann" - Felix Neureuther schrie die Freude über die WM-Medaille lauthals hinaus. In einem hoch dramatischen Slalom-Krimi beendete der Partenkirchener Skirennfahrer am Sonntag in Schladming mit seinem ersten Titelkampf-Coup die quälend lange Wartezeit von zwölf Jahren ohne Einzelmedaille eines Alpin-Herren. Nach einem nervenstarken Angriff durfte Neureuther einen Tag nach dem Torlauf-Aus von Maria Höfl-Riesch sogar etwas mehr als eine Minute lang auf Gold hoffen, ehe sich der Marcel Hirscher mit klaren Vorsprung an die Spitze setzte.
Neureuther-Silber ist erstes Edelmetall seit 2001 für deutsche Alpinen
Begeistert hüpfte der Österreicher gefeiert von rund 40.000 Fans im Zielraum umher, warf sich in den Schnee, Neureuther war der erste Gratulant. Er umarmte Hirscher herzlich, klopfte ihm auf die Schulter - die beiden besten Slalomfahrer der Saison hatten es auch zum Saisonhöhepunkt auf das Podest geschafft. "Es ist gewaltig, es sind gerade so die Emotionen hochgekommen, das war heute absolute Schmerzgrenze", sagte ein tief bewegter Neureuther und musste sich beim Interview-Marathon auch eine Träne aus den Augen wischen. Und obwohl es für ihn das "Anstrengenste war, was ich je gemacht hatte", scherzte er auch schnell wieder. "Die Revanche von Cordoba ist mir nicht ganz gelungen, aber nahezu."
Erstmals seit Florian Eckert 2001 gab es wieder Einzeledelmetall für die deutschen Alpinen. "Für uns ist das ein extremes Erlebnis, hier bei dem Slalom dieses Ergebnis zu erzielen", sagte Alpin-Direktor Wolfgang Maier. "Man fährt mit vier Medaillen heim, unser Wunsch waren guter Sport und drei Medaillen. Die letzte Herrenmedaille 2001, die letzte Slalommedaille 89 - das ist für uns historisch. Ich bin extrem stolz auf diese Jungs."
Einmal Gold, einmal Silber und zweimal Bronze lautete die Bilanz des Deutschen Skiverbandes (DSV) ein Jahr vor Olympia. Vier Medaillen - das gab es für die deutschen Alpinen zuletzt 1997 in Sestriere. "Eine wichtige und Mut machende Fortsetzung und Dokumentation der Alpin-Strategie, die sowohl für Sotschi als auch für die Zeit danach schöne Perspektiven bietet", betonte DSV-Präsident Alfons Hörmann. Platz eins im Medaillenspiegel ging mit viermal Gold an die USA.
Höfl-Riesch verarbeitet Tränen und Enttäuschung vom Samstag
Riesengroß war der Jubel am Sonntag, am Samstag hatte es noch Tränen aus Enttäuschung gegeben. Und das ausgerechnet bei der Besten im deutschen Team, Höfl-Riesch. In der Tiefgarage des Zielstadions hockte sie in ihrer rosafarbenen Jacke auf einer kleinen gelben Bank im Neonlicht. Tröstend legte Susanne Riesch den Arm um die große Schwester. "Du bist die Letzte, die hier weinen muss", munterte die verletzte und bei Olympia 2010 so bitter gescheiterte Susanne auf.
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Vom Lob des Verbandspräsidenten hörte Höfl-Riesch nichts mehr. "Sie hat punktgenau zum richtigen Zeitpunkt gezeigt, dass sie einer der Topstars des alpinen Skizirkus ist", erklärte Hörmann. Stolz präsentierte die Doppel-Olympiasiegerin Stunden nach dem Slalom-K.o. - die nächste Medaille vor Augen, das Ziel in Reichweite - im Internet ihre Schladminger Edelmetall-Sammlung.
"Die vierte sollte nicht sein, schade. Da flossen schon ein paar Tränen. Aber, hallo, ich bin mit drei Medaillen nach Hause gefahren", bewerte sie die Titeltage überaus positiv und verfolgte den Torlauf-Krimi schon von daheim aus. "Wahnsinnsduell zwischen Marcel Hirscher und Felix Neureuther", brachte es die 28-Jährige auf den Punkt. "Man kann die Geschichte eigentlich nicht besser schreiben", befand Neureuther, der sich über Gratulationen von Kindheitsidol Alberto Tomba freuen durfte.
US-Team schloss WM als Nummer eins vor Österreich und Frankreich ab
Am WM-Schlusstag präsentierte sich Schladming im totalen Ausnahmezustand. Über 50 000 Menschen machten die 4500-Einwohner-Gemeinde zur vielleicht größten Après-Ski-Party der Welt. Übertrieben wurde der Slalom-Showdown gar zum "Rennen des Jahrhunderts" gehypt. Gespannt verfolgte auch die Vortag zur Slalom-Weltmeisterin gekürte Mikaela Shiffrin (USA) den Nervenkrimi - trotz bedeckten Himmels trug die 17-Jährige einen Tag nach ihrem WM-Coup eine Sonnenbrille. Lena Dürr, am Vortag im Slalom als 21. die beste Deutsche, lag sich nach dem Rennen mit Fritz Dopfer in den Armen. Dopfers siebter Slalom-Rang ging im Jubeltrubel von Neureuther unter. Zusammen hatten sie im Team-Event Bronze gewonnen.
Trotz seines Aus im Slalom verließ Ted Ligety (USA) nach dreimal Gold Schladming als großer Star. Auch dank ihm schloss das US-Team die WM als Nummer 1 vor Österreich und Frankreich ab. "Platz eins der USA war schon überraschend. Wir wussten, dass sie sehr stark sind, aber diese Anzahl der Medaillen war eine große Überraschung", sagte Gian Franco Kasper, Präsident des Internationalen Skiverbandes FIS. "Es war sicherlich eine Weltmeisterschaft mit Herz." (dpa)