Schladming. Der deutsche Ski-Star Felix Neureuther spricht im Interview über das Familien-Duell mit seinem Vater Christian, seine Freunde im Ski-Zirkus und seinen ersten Start bei der WM im Teamwettbewerb.
Der Star der deutschen Ski-Herren hat in der ersten Woche der Alpinen Ski-WM in Schladming noch nicht eingegriffen. Erst am Dienstag geht Felix Neureuther beim Teamwettbewerb (17 Uhr/ZDF) erstmals an den Start.
Sie steigen mit dem Teamwettbewerb in die Ski-WM ein. Der Modus ist sehr ähnlich wie der im City Event, das heißt, Sie müssen sich in einem Parallelrennen gegen einen direkten Konkurrenten durchsetzen. Was macht für Sie den Reiz dieser Wettkampfform aus?
Felix Neureuther: Es ist dieses Duell Mann gegen Mann oder Frau gegen Frau. Man schaut sich vorher noch in die Augen, und es kommt ein cooler Spruch. Es hat auch mit psychologischen Spielchen zu tun. Beim Teamevent ist der Unterschied, dass du für die Kollegen mitverantwortlich bist, aber auf der anderen Seite auch von ihnen abhängig. Das ist für uns als Einzelsportler eine ungewohnte Situation.
Im Slalom sind Sie in dieser Saison der große Herausforderer des Österreichers Marcel Hirscher. Sind Zweikämpfe in Ihrem Sport leistungsfördernd?
Neureuther: Auf jeden Fall. Man kann sich gegenseitig extrem pushen. Es ist immer wieder eine Herausforderung und packt einem richtig an der Ehre.
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Auch, weil es um das Duell Österreich gegen Deutschland geht?
Neureuther: Das ist schon etwas Spezielles. Wenn es um Fußball und Skifahren geht, ist das mit einer gewissen Brisanz verbunden. Im Fußball sind die Österreicher die Außenseiter, im Skifahren wir. Wenn man also unser Duell mit den Kräfteverhältnissen im Fußball vergleicht, dann bin ich Österreich und der Marcel ist Deutschland.
Da sind Sie aber eine Spur zu bescheiden. Sie haben Hirscher in dieser Saison schon zweimal besiegt. Im Fußball liegt der letzte Pflichtspielsieg Österreichs gegen Deutschland bald fast 35 Jahre zurück.
Neureuther: Ja, aber es gibt nicht nur das Duell Hirscher gegen Neureuther. Da werden auch noch andere mitmischen.
Nach dem bisher schwachen Abschneiden der Österreicher ruhen jetzt alle Hoffnungen auf Marcel Hirscher. Er scheint den Rummel, den Druck ganz gut wegzustecken. Welchen Eindruck haben Sie?
Neureuther: Das ist für ihn natürlich schon ein extremer Druck, denn alles andere als Gold wäre für Österreich eine Enttäuschung. Aber ist schon sehr entspannt. Wir haben in der vergangene Woche in Hinterreit zusammen trainiert. Natürlich merkt er, dass alles nicht mehr ganz so locker abläuft wie im Weltcup. Aber der Kerle ist bereit, er ist ein Vollprofi. Er hat es schon oft genug bewiesen, dass er dem Druck gewachsen ist.
Sie hatten vor Ihrer Heim-WM vor zwei Jahren ebenfalls extremen Druck verspürt und sind damit nicht zurechtgekommen. Haben Sie mit Hirscher darüber gesprochen?
Neureuther: Nein, ich denke auch, er ist so erfahren, dass er schon weiß, wie er damit umgehen muss.
Sie haben erzählt, Sie haben mit Marcel Hirscher trainiert. Ist das nicht ungewöhnlich? Immerhin sind Sie die härtesten Konkurrenten im Slalom am 17. Februar.
Neureuther: Warum soll es nicht so sein? Ich finde das cool. Einmal hat den Kurs Hirschers Trainer gesteckt, einmal unser Trainer.
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Und wer war schneller?
Neureuther: Einmal er, einmal ich.
Können Sie sich von Marcel Hirscher etwas abschauen?
Neureuther: Denn absoluten Siegeswillen. Der lässt nie locker oder gibt klein bei. Er ist ein extremer Kämpfer.
Sie betonen beide stets, dass Sie sich sehr gut verstehen.
Neureuther: Es ist nicht so, dass wir im Sommer regelmäßig Kontakt haben. Aber ich schätze ihn als Sportler und als Menschen.
Sie müssen sich im Training aber gar nicht mehr unbedingt mit Hirscher messen. Sie haben vor allem in Fritz Dopfer auch einen Herausforderer in der eigenen Mannschaft. Wie wichtig ist teaminterne Konkurrenz?
Neureuther: Ganz wichtig. Man schaut ja auch im Training als erstes auf die Zeit. Verlieren will da keiner von uns.
Liefern Sie sich eigentlich daheim mit dem Papa auch ein Duell? Wer an welchem Weltcuport besser war zum Bespiel.
Neureuther: Ja, da haben wir schon Spaß. Nachdem ich in Adelboden im Riesenslalom Dritter wurde, bin ich nach Hause gekommen und habe den Papa gefragt: "Wie schaut’s? Bist Du schon einmal Dritter geworden in Adelboden?" Das ist schön. In Wengen bekommt der Sieger immer eine Uhr. Der Papa hat in Wengen zwar dreimal gewonnen, aber die Uhren alle verschenkt. Ich habe ihm nach meinem Sieg in Wengen im Januar meine Uhr geschenkt. Das war für ihn natürlich etwas ganz Besonderes. Aber sonst würde ich mich von der Erfolgen her natürlich lieber mit der Mama vergleichen.
Dann haben Sie aber noch einiges vor sich. Ihre Mutter, Rosi Mittermaier, ist Doppel-Olympiasiegerin.
Neureuther: Ja, das stimmt.
Unterscheiden sich Duell bei Frauen?
Neureuther: Das ist ganz etwas anderes. Ich glaube, dass bei vielen Frauen noch ein paar andere Faktoren außerhalb des Sports dazu kommen. Es fängt schon in der Schule an: Wer sieht besser? Wer zieht sich besser an? Solche Themen spielen da mit rein. Bei uns sind die eher Nebensache. Man fährt das Rennen, der andere ist schneller, dann sagt man: Hey, du warst heute besser, cool.
Sind die Männer also die besseren Verlierer?
Neureuther: Generell kann man das nicht sagen. Für mich ist wichtig, dass ich das Umfeld genießen kann. Sich zu streiten, ist Zeitverschwendung. Es geht in unserem Sport natürlich um den Erfolg, aber auch um viele andere Dinge wie Freundschaften. Das Menschliche sollte nie vergessen werden. So lebe ich das, und so kann ich das auch genießen.
Haben Sie tatsächlich gute Freunde unter Ihren Konkurrenten?
Neureuther: Es gibt Jungs, auf die kann ich immer zählen. Mit Ted Ligety oder Jens Byggmark bin ich richtig gut befreundet..
Sie sagen selbst, ein Grund für Ihre Konstanz in dieser Saison ist Ihre Reife. Können Sie das näher erklären?
Neureuther: Ich musste zum Beispiel lernen, dass du da sein musst, wenn du die Stöcke über die Startstange in den Schnee steckst. Und nicht schon vorher. Ich hatte früher immer davor schon viel zu viel Energie verbraucht. Bei der WM in Garmisch bin ich im Slalom am Start gestanden und meine Oberschenkel haben sich angefühlt, als wenn sie aus Beton wären. Das kommt davon, wenn man vorher so viel Energie aufbraucht, weil man alles zu perfekt machen will. Ich musste einsehen, dass es mit zu großem Perfektionismus in einer Verkrampfung endet.
Heißt das vielleicht auch, dass man gar nicht immer ans Limit gehen muss?
Neureuther: Bei gewissen Passagen mit Sicherheit. Bei Passagen, bei denen man ein bisschen mitdenken muss. Das war früher ja nicht so meine Stärke (lacht). Ich musste lernen, den Speed zu kontrollieren.