Essen. . Der Essener Henning Lambertz hat sich beim Deutschen Schwimmverband um den höchsten Trainerposten beworben. “Wenn ich meine Wünsche umsetzen darf, dann kann ich für das deutsche Schwimmen mehr bewegen, als ich es in meiner Funktion als Bundesstützpunkt-Trainer in Essen kann“, sagt Lambertz im Interview.

Der deutsche Schwimmsport befindet sich in einem tiefen Tal. Erstmals seit 1932 kehrten die Schwimmer im Sommer von Olympischen Spielen ohne Medaille zurück. Jetzt sucht der Deutsche Schwimm-Verband einen neuen Bundestrainer. Henning Lambertz (41), der Thomas Rupprath zum Weltrekord und zum Weltmeister-Titel führte und die Startgemeinschaft Essen zum stärksten deutschen Schwimm-Verein machte, ist einer der Kandidaten für die Nachfolge des entlassenen Dirk Lange.

Die Stelle des Schwimm-Bundestrainers ist ausgeschrieben. Haben Sie sich beworben?

Henning Lambertz: Ja. Das habe ich getan.

Warum soll Henning Lambertz Bundestrainer werden?

Lambertz: Wenn ich meine Wünsche umsetzen darf, dann kann ich für das deutsche Schwimmen mehr bewegen, als ich es in meiner Funktion als Bundesstützpunkt-Trainer in Essen kann. Man kann erkennen, warum wir nicht mehr so stark sind wie früher. Ob man dies ändern kann, müsste sich zeigen, aber man sollte es versuchen.

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Erstmals seit 1932 haben die deutschen Schwimmer in London bei Olympischen Spielen keine Medaille mehr gewonnen. Wie kann ein Bundestrainer das ändern?

Lambertz: Der Bundestrainer muss langfristig arbeiten können. Er wird im Grunde bisher danach bewertet, wie viele Medaillen er nach vier Jahren bei Olympischen Spielen holt. Deshalb wird er bestrebt sein, schnell alles aus den Athleten herauszuholen. Das ist menschlich verständlich, aber konzeptionell falsch.

Wie müsste es sein?

Lambertz: So hart es klingt, 2016 muss für uns eine „Durchgangsstation“ sein. Natürlich wollen wir besser als 2012 abschneiden, aber wir müssen die Ursachen für den Niedergang bekämpfen. Seit 1996 ist das deutsche Schwimmen im Abwärtstrend. Die Konzepte müssen langfristig ausgelegt sein, um den Nachwuchs sinnvoll zu fördern. Die Arbeit muss zentralisiert werden, die Bundesstützpunkte vergrößert werden. Um diese Aufgaben erfüllen zu können, muss der neue Bundestrainer einen Vertrag für acht Jahre erhalten.

Stehen Sie denn auch als Bundestrainer zur Verfügung, wenn Ihnen der Verband nur einen Vertrag bis 2016 anbieten würde?

Lambertz: Nein. Und das soll kein Druckmittel sein. Es ist meine Überzeugung. Man muss die Welle mal von unten packen und nach oben bringen.

Warum sind andere Schwimm-Nationen stärker als Deutschland?

Lambertz: Es steht und fällt mit dem Geld. Die monatliche Unterstützung für einen Kaderschwimmer ist so knapp bemessen, dass man davon nicht leben kann. Da brechen uns viele Talente weg. Man muss nicht mit dem großen Geldtopf herumlaufen und jedem den Hals voll machen, aber die Förderung sollte gezielter sein. Ich will uns gar nicht mit den USA vergleichen, aber auch in England, Frankreich oder den Niederlanden können die Schwimmer ihren Sport sorgenfreier betreiben.

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Bei Olympia lief es für Ihre Essener Schwimmer nicht optimal. Könnte sich das negativ auf Ihre Bundestrainer-Bewerbung auswirken?

Lambertz: Ich hätte mir sicherlich ein besseres Abschneiden in London gewünscht. Aber der Verband sollte darauf schauen, wer langfristig für Erfolge gestanden hat. Da muss ich mich nicht verstecken. Ich bin seit 1999 international dabei, gehörte seitdem bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften zum Trainer-Team. Meine Schwimmer haben 23 Weltrekorde aufgestellt. Vor London haben wir Trainer, auch ich, einen methodischen Fehler gemacht. Wir haben viel Wert auf die EM gelegt. Wir hätten die EM ganz auslassen oder als Training für Olympia nehmen müssen.

Nach der Entlassung von Dirk Lange gab es fast ein Jahr lang keinen Bundestrainer. Die Arbeit wurde von den Heimtrainern übernommen. Braucht man überhaupt einen Bundestrainer?

Lambertz: Doch, den braucht man. Die Bundesstützpunkttrainer haben genug Arbeit. Es war zu viel, vor London auch noch die Aufgaben des Bundestrainers zu übernehmen. Der neue Bundestrainer sollte die Möglichkeit erhalten, sich sein Kompetenz-Team zu erstellen. Es würde nichts bringen, Leute zusammen arbeiten zu lassen, die sich spinnefeind sind. Das neue Team, Bundes- und Stützpunkttrainer, muss optimal zusammen arbeiten.

Geht das mit Sportdirektor Lutz Buschkow?

Lambertz: Ich habe sehr positive Erfahrungen mit ihm gemacht. Er ist Sportdirektor für vier Sparten, Cheftrainer für die Schwimmer und Wasserspringer. Alles zusammen, das ist fast unlösbar. Wir sollten nicht sagen, wir waren nicht erfolgreich, jetzt müssen Köpfe rollen. Wir sollten es jetzt einfach besser machen.

Was machen Sie, wenn Sie nicht Bundestrainer werden?

Lambertz: Dann bleibe ich in Essen. Die Startgemeinschaft Essen hat ein sehr großes Potenzial. Mit zehn B-Kader-Mitgliedern sind wir klar der schlagkräftigste Verein in Deutschland. Das ist ein toller Job. Egal wer meine Stelle übernehmen würde, er erhielte ein gemachtes Nest.