Dortmund. Sie waren Tabellenführer, wurden nach dem Corona-Abbruch aber kein Meister. Nun haben die Bundesliga-Handballerinnen des BVB eine neue Chance.

Am Samstag startet die Handball-Bundesliga der Frauen (HBF) – als erster Mannschaftssport überhaupt in deutschen Sporthallen. Favorit auf den Titel ist Borussia Dortmund. Der BVB startet am Samstag bei Aufsteiger Handball-Luchse Buchholz-Rosengarten (19 Uhr/Stream auf sportdeutschland.tv). Die 25-jährige BVB-Rückraumspielerin Inger Smits ist sich sicher: "Wir haben bewiesen, dass wir um den ersten Platz kämpfen können, dass die Qualität da ist." Das Interview mit der Weltmeisterin aus den Niederlanden.

Frau Smits, am Samstag beginnt die neue Saison der Handball-Bundesliga. Freuen Sie sich, dass es wieder losgeht?
Inger Smits: Ich freue mich sehr. Wir haben dieses Jahr so lange kein richtiges Ligaspiel mehr bestritten. Sechs Monate sind eine sehr lange Zeit, auch wenn wir in jüngster Zeit wieder einige Testspiele hatten. Aber das ist immer noch etwas anderes als ein Ligaspiel.

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Hätten Sie überhaupt damit gerechnet, dass pünktlich wieder aufs Tor geworfen wird?
Inger Smits:
Ich hatte es gehofft, aber wenn man auf andere Länder oder auch hierzulande die Bundesliga der Männer blickt, hatte ich schon häufiger gezweifelt. Aber wir Spielerinnen können da ohnehin nichts beeinflussen, von daher hatte ich nur gehofft, dass es schnellstmöglich wieder losgeht. Aber es war schon früh klar, dass die Champions League auf jeden Fall im September gespielt werden sollte, von daher gab es zumindest ein festes Datum. So ist es gut, dass wir pünktlich loslegen, denn mit der Champions League und Olympia im kommenden Jahr ist der Terminkalender ja gut gefüllt, großartige Möglichkeiten, nach hinten auszuweichen, gibt es nicht.

Wird sich diese Spielzeit anders anfühlen? Wegen der Corona-Tests und den nur spärlich belegten Zuschauerrängen?
Inger Smits: Definitiv, alleine von der Stimmung wird es anders sein. Es ist schon ein Unterschied, ob wir vor 200 Zuschauern spielen oder vor 2000 wie bei unseren Topspielen. Aber es wird schon etwas Besonderes sein, überhaupt mal wieder ein Handballspiel zu spielen. Sonst hat man darüber ja nie wirklich nachgedacht, dass man plötzlich nicht mehr weiterspielen kann. Und dann stand wegen Corona aber alles still. Gerade jetzt am Anfang wird man es also noch viel mehr genießen. Ich hoffe aber, dass sich bald alles wieder normalisiert.

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Was ist das Ziel mit dem BVB?
Inger Smits:
Meister werden, ganz klar. Wir haben vergangenes Jahr eine starke Saison gespielt und hatten einfach Pech, dass die Liga dann abgebrochen wurde. Wir haben bewiesen, dass wir um den ersten Platz kämpfen können, dass die Qualität da ist. Klar hat Bietigheim sich gut verstärkt, einige andere Mannschaften wollen uns auch ärgern. Aber das Ziel ist es einfach, diesmal Meister zu werden. Klar kommt diese Saison erstmals die Champions League dazu, das wird eine Herausforderung für uns. Auch dort wollen wir Spiele gewinnen.

Ihr Team war Tabellenführer, als die Saison im März abgebrochen wurde. Im Gegensatz zu den Männern des THW Kiel wurde dies aber nicht mit dem Meistertitel geadelt. Gibt es da noch immer einen bitteren Nachgeschmack?
Inger Smits: Ja, den gibt es noch. Hätte man bei Männern und Frauen gesagt, dass es keinen Meister gibt, hätte das jeder verstanden. Klar hatte Bietigheim bei den Frauen noch eine Chance, uns abzufangen. Die hatte die SG Flensburg-Handewitt bei den Männern aber auch. So ganz haben wir das deshalb nicht verstanden. Wir sind Sportler, kämpfen die ganze Saison und wollen am Ende auch den Titel. Aber die Enttäuschung ist jetzt der Freude auf die neue Spielzeit gewichen. Jetzt wollen wir einfach beweisen, dass wir den Titel verdient gehabt hätten.

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Das Team wurde ja auch verstärkt.
Inger Smits:
Von der individuellen Qualität sind wir besser als in der vergangenen Saison. Jetzt müssen wir uns nur als Mannschaft richtig zusammenfinden. Aber die Vorbereitung ist ganz gut gelaufen.

Insgesamt spielen nun acht Niederländerinnen im BVB-Trikot. Ist holländisch die neue Amtssprache in Dortmund?
Inger Smits: Wir haben versucht, das durchzudrücken… ne, Spaß. Es war von Anfang an klar, dass wir im deutschen Verein Deutsch sprechen. Alle Spielerinnen haben ja schon in deutschen Vereinen gespielt, und wir unterstützen auch die anderen ausländischen Spielerinnen dabei, Deutsch zu lernen.

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Ist die „Marke“ BVB eigentlich auch in den Niederlanden eine große?
Inger Smits:
Handballfans wissen schon, dass der BVB bei den Frauen eine Größe geworden ist und in Dortmund viele Holländerinnen in der Bundesliga spielen. Aber wenn ich erzähle, dass ich beim BVB spiele, kommt gleich die Frage: Du spielst Fußball? Borussia Dortmund ist schon ein großer, auch in Holland sehr bekannter Fußball-Verein.

Schon vor der Corona-Pause hatten Sie Ihren Vertrag in Dortmund verlängert. Warum?
Inger Smits:
Ich fühle mich hier sehr wohl, finde die Mannschaft toll, wir haben erfolgreich gespielt, ich bekomme viel Spielzeit. Außerdem war es immer mein Traum, in der Champions League zu spielen, die Chance darauf war mit dem BVB sehr groß und wir haben es ja auch geschafft. Die Voraussetzungen, sich weiterzentwickeln, sind also sehrt gut.

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Nicht nur die Saison wurde abgebrochen, im Sommer wären Sie als Weltmeisterin vielleicht auch mit den Niederlanden zu den Olympischen Spielen nach Tokio gefahren.
Inger Smits:
Ich muss sagen, dass ich bei der WM auch einige Spiele auf der Tribüne gesessen habe. Ob es wirklich fürs Olympiaaufgebot gereicht hätte, weiß ich nicht. Natürlich weiß ich, dass die Verschiebung der Spiele für ganz viele Sportler bitter war, die so lange auf diesen einen Termin hingearbeitet haben. Für mich persönlich ist es vielleicht sogar gut, nun mehr Zeit zu haben, mich dem Trainer zu zeigen, nun auch international in er Champions League. Aber man weiß es nie.