Essen. Bei RB Leipzig dürfen zum Bundesliga-Auftakt Fans ins Stadion. Das hat Auswirkungen auf die Bundesliga mit BVB und Schalke. Eine Analyse.

Für gewöhnlich geht es in der Fußball-Bundesliga während Länderspielpausen ein wenig ruhiger zu. Aber was ist schon normal in diesen Zeiten? Da passt es ins Bild, dass das Gesundheitsamt der Stadt Leipzig eine folgenschwere Entscheidung für den gesamten Profifußball trifft, wenn niemand damit rechnet: Am 20. September darf RB Leipzig zum Bundesliga-Auftakt gegen Mainz 05 vor 8400 Zuschauern spielen. Die Behörde hat das Hygienekonzept von Deutscher Fußball-Liga (DFL), Landesregierung, Verein und Stadt genehmigt. „Wir sind sehr glücklich, dass wir mit dieser Entscheidung einen Schritt hin zu mehr Normalität gehen können“, sagt RB-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff.

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Seit Dienstag gilt in Sachsen eine neue Corona-Schutzverordnung, auf deren Basis die Fan-Rückkehr beschlossen worden ist. „Mit einem klugen Hygienekonzept zeigt RB Leipzig, was alles möglich ist“, sagt Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU): „Die sächsische Staatsregierung unterstützt dieses Vorhaben. Wirtschaftliches und gesellschaftliches Leben in Zeiten von Corona verlangt nach kreativen Lösungen.“ SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach kritisierte hingegen, dass „am Beginn der zweiten Welle“ das „völlig falsche Signal, die Gefahr der Pandemie sei gebannt“, gesendet werde.

RB Leipzig: Das sind die Maßnahmen

Die Teilzulassung ist dabei an zwei Bedingungen geknüpft. Beim Betreten der Leipziger Arena müssen Zuschauer einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Tickets werden unter allen Dauerkarten-Inhabern verlost, deren Wohnort in Sachsen liegt. So soll verhindert werden, dass Fans bei einer Anreise über die Landesgrenzen hinaus das Virus mit in den Freistaat bringen – oder es von dort aus in der Bundesrepublik verteilen.

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RB Leipzig macht den Anfang. Wer folgt? Hans-Joachim Watzke nennt dies im Gespräch mit dieser Redaktion einen „mutigen, aber gleichzeitig sehr besonnenen Schritt“. Der Geschäftsführer von Borussia Dortmund betont: „8400 Zuschauer sind angesichts des differenzierten Konzeptes, das vorliegt, aus meiner Sicht angemessen.“ Was in Dortmund möglich wäre, läge in fremder Hand: „Dazu müsste zunächst ein entsprechendes Signal der Landesregierung kommen. Selbst wenn das örtliche Gesundheitsamt zuständig ist, kann man solche Entscheidungen ja nicht gegen die Landesregierung fällen.“

NRW-Chef Laschet mahnt zur Zurückhaltung

Watzke hat die Hoffnung, dass „eine Teilzulassung von Zuschauern deutlich früher als erst im November möglich wäre“. Als Beleg dafür nennt er die Sieben-Tage-Inzidenz (Fälle pro 100.000 Einwohner in einer Woche), die in NRW gerade bei 9 liegt. „Fast alle anderen Werte sinken ebenfalls“, erklärt Watzke. In Leipzig steht die Zahl bei 3,2 – sie ist also deutlich geringer. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) mahnt aber zur Zurückhaltung. Bis Ende Oktober wollen die Landeschefs mit Bundeskanzlerin Angela Merkel ein gemeinsames Konzept erarbeiten. „Das gilt es aus unserer Sicht abzuwarten“, sagt Laschets Sprecher.

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Für den BVB wäre eine zügigere Rückkehr ungemein wichtig. Rund vier Millionen Euro verliert Dortmund pro Heimspiel ohne Zuschauer. Auch Schalke 04 fehlen wichtige Einnahmen. Zuschauer in der Arena seien aber nur möglich, „wenn es das aktuelle Infektionsgeschehen zulässt“, stellt Marketing-Vorstand Alexander Jobst gegenüber dieser Redaktion klar. Ziel bleibt aus Schalker Sicht eine „landesweit einheitliche Regelung für NRW“.

Schalke-Vorstand Jobst will einheitliche Lösung

Jobst verweist auf den Aspekt, der die Frage nach der Fan-Rückkehr so brisant macht: Einheitlichkeit. Sachsen entscheidet anders als NRW, das Gesundheitsamt in Dortmund wiederum nicht so wie die Behörde in Gelsenkirchen. Das ist verständlich, weil das Infektionsgeschehen in Deutschland eben nicht identisch ist. Die DFL teilte mit, dass man weiterhin bereit sei, mit „der Politik verbindliche Gespräche über abgestimmte Lösungen auf Bundesebene zu führen“. Solange die nicht gefunden wird, spielt Leipzig vor Fans. Andere Vereine müssen auf die Unterstützung ihrer Anhänger verzichten.

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Das verschaffe RB „natürlich einen kleinen Wettbewerbsvorteil“, sagt Watzke. „Aber den muss man in Kauf nehmen, wenn man möchte, dass sich -- immer auf Basis des jeweiligen Infektionsgeschehens und eines durchdachten, verantwortungsbewussten Konzeptes – etwas bewegt.“ Jörg Schmadtke, Sport-Geschäftsführer des VfL Wolfsburg, wird da schon deutlicher, er sagt gegenüber dem Sportbuzzer: „Es ist schon ein Unterschied, ob ein Verein 10.000 oder 15.000 Zuschauer im Stadion hat und andere Klubs 500. Dann ist eine Wettbewerbsgleichheit nicht mehr so gegeben.“

Köln will gegen Gladbach vor Zuschauern spielen

Und deshalb plant der VfL eifrig eine Teilzulassung. Das gilt auch für Eintracht Frankfurt, Union Berlin, Hertha BSC und den VfL Osnabrück. Wie der Express am Dienstag berichtete, möchte der 1. FC Köln das rheinische Derby gegen Borussia Mönchengladbach am 3. Oktober vor Fans in Müngersdorf spielen lassen.