Essen. Wenn Niko Kovac über die Sozialen Medien spricht, offenbaren sich viele Gemeinsamkeiten - und ein gravierender Unterschied. Eine Kolumne.

Niko Kovac und ich haben, wie ich jetzt feststellen durfte, mehr gemeinsam als ich dachte. Beide sind wir im Umgang mit den Sozialen Medien offenbar vergleichsweise eher unbeholfen. Der Trainer des FC Bayern München plauderte jetzt auf einer Pressekonferenz aus dem Nähkästchen. Er wisse nicht, ob man aus finanziellen Motiven oder warum auch immer dort so aktiv sei, er kenne sich einfach zu wenig damit aus, gestand der 48-Jährige und sagte weiter: „Man muss das akzeptieren.“ Er wünsche sich, dass seine Spieler da manchmal weniger machen würden. Das Gleiche denke ich als Trainer auch immer wieder mal, wenn ich mit meinem Team nach einem Volleyball-Spieltag in der Kneipe sitze und mich über eine gewisse Sprachlosigkeit wundere.

"Selbstbewusste Urteile über Schuhe und die Weltpolitik"

Andererseits bin ich aber auch immer ein wenig neidisch, wenn ich beobachte, wie schnell die jungen Frauen auf ihren Smartphones in kaum folgbarer Geschwindigkeit gleichzeitig News checken, mit Freundinnen kommunizieren oder ganz nebenbei selbstbewusste Urteile über Schuhe und die Weltpolitik abgeben. Meine Finger sind irgendwie immer zu breit für die schnelle Nachricht, mein Kopf zu unentschlossen für die entschiedene Wertung mit einem Like. Ich möchte mir gerne vorstellen, dass Niko Kovac – in die Kneipe werden sie zusammen nicht gehen – manchmal mit ähnlich fragendem Gesicht auf seine teils sehr jungen Schutzbefohlenen blickt.

"ich bin nur der Trainer"

Der gebürtige Berliner und ich haben noch mehr gemeinsam. Wir teilen einen Satz: „Ich bin nicht der Papa, ich bin auch nicht die Mama, ich bin nur der Trainer.“ Er stammt von ihm, aber ich hab’ ihn letztens auch mal so von mir gegeben.

Einen Unterschied gibt es dann aber doch. Abgesehen davon, dass ich mir bei meinen Spielerinnen sehr sicher bin, dass die in den Sozialen Netzwerken nichts Dummes von sich geben, weil sie mich regelmäßig schon im realen Leben mit atemberaubend klugen Sätzen beeindrucken, haben ihre Likes und Posts nur den Bruchteil der Breitenwirkung derer eines Bayern-Profis oder Nationalspielers.

Tatsächlich wäre es angesichts der Social-Media-Wirrungen bei der Nationalmannschaft, die die Republik zu Recht erregten, besser, wenn die großen Trainer, ob sie nun Niko Kovac oder Joachim Löw heißen, etwas mehr Papa oder Mama für ihre Spieler wären. Natürlich sind diese meist volljährig und sollen ihre freie Meinung sagen dürfen. Nicht immer aber kommen junge Fußball-Profis, die in ihrer ganz eigenen Welt leben, von alleine auf die besten Gedanken. Vielleicht liegt der entscheidende Unterschied zu meinem Trainerleben einfach nur darin, dass Niko Kovac junge Männer trainieren muss.