Essen. Volleyball-Profi Georg Grozer ist mindestens ebenso erfolgreich wie sein Vater. Nicht immer ist es mit dem Erbe im Sport einfach: Eine Kolumne.

Georg Grozer plagen Zipperlein. Im Sommer hatte er, wie man heute sagt, Rücken, aktuell zwickt die Wade. Jedenfalls beteiligt sich der Diagonal-Angreifer an der Volleyball-Europameisterschaft als Edelfan, mit einem Platz in der ersten Reihe, der Auswechselbank. Das ist ärgerlich. Für Grozer, aber vor allem für die Nationalmannschaft, die ohne ihren Führungsspieler auskommen muss.

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Dass Grozer ausfällt, damit hätte man allerdings rechnen können. Der Mann ist 34, steht also im Herbst seiner Karriere. Das gilt ganz besonders für einen Sportler, der sein Spiel auf körperlicher Präsenz aufgebaut hat. Die Karriere des Moer­sers ist dennoch nicht anders als glanzvoll zu umschreiben.

Der zweite Grozer

Grozer ist seit Jahren der unumstrittene Star des deutschen Volleyballs, wurde Vize-Europameister und tingelt als hochbezahlter Profi um die Welt. Seine Karriere ist aber auch deshalb bemerkenswert, weil er bereits der zweite Georg Grozer ist, der den Sport dominiert. Papa Georg kam einst aus Ungarn nach Moers, mischte dort in den Achtziger und Neunziger Jahren die Bundesliga auf und spielte auch für die deutsche Nationalmannschaft.

Vater und Sohn Grozer sind Ausnahme-Erscheinungen. Beide stehen gleichberechtigt in den Annalen ihres Sports. Dass Söhne in die Fußstapfen ihrer Väter treten, kommt häufiger vor, dass sie es schaffen, auch aus dem Schatten ihrer Väter zu treten, ist eher selten. Skifahrer Felix Neureuther war ähnlich erfolgreich wie sein Vater Christian, wobei Mutter Rosi als Olympiasiegerin die deutlich bedeutendere Sportlerin war. Auch Niko Rosberg ist dem Windschatten seines Vaters enteilt und wurde wie Papa Keke Formel-1-Weltmeister. Aber sonst? Radsportler Rick Zabel ist zwar auf einem guten Weg, den größeren Namen aber trägt noch Vater Erik. Auch Mick Schumacher kann ein erfolgreicher Rennfahrer werden. Aber wie soll er je erreichen, was sein Vater geschafft hat?

Fußball-Söhne mit Meister-Genen

Jonathan Klinsmann, Benjamin Kirsten, Lucas Scholl, Gianluca Gaudino haben von ihren Vätern Meister-Gene mit auf den Weg bekommen, spielen leidlich gut Fußball, haben aber den ganz großen Durchbruch nicht geschafft. Wobei man in dem einen oder anderen Fall vorsichtigerweise sagen muss: noch nicht geschafft.

Ein ungerechter Wettstreit

Manchester-City-Profi Leroy Sané
Manchester-City-Profi Leroy Sané © dpa

Vermutlich ist es ungerecht, von Söhnen und Töchtern zu erwarten, dass sie in Wettstreit mit Vätern und Müttern treten. Der große Name ist Starthilfe und Bürde zugleich, die ganze Komplexität der Generationenrollen dürfte Heerscharen von Therapeuten ein ordentliches Auskommen garantieren. Den Kindern von Steffi Graf und Andre Agassi jedenfalls möchte man als Rezept für das persönliche Glück gerne raten, niemals einen Tennisschläger in die Hand zu nehmen. Andererseits: Fußballstar Leroy Sané hat seinen Vater, den Bundesliga-Torjäger Souleyman, sogar übertroffen.

Jenseits des Rampenlichts

Weil es mit Eltern und Kindern insbesondere im Rampenlicht so kompliziert werden kann, ist die Karriere von Georg Grozer umso bemerkenswerter. Wie das jetzt weitergeht? Grozer Junior hat zwei Töchter. Die sind zwar noch jung. Aber falls auch sie sich für Volleyball-Karrieren entscheiden sollten, hätten sie einen Vorteil: Dieser Sport steht vergleichsweise im Schatten. Und damit ist auch der des Vaters nicht erdrückend.