Essen. Alexander Zverev könnte Tennis wieder zu mehr Aufmerksamkeit in Deutschland verhelfen. Doch derzeit taugt er nicht als Werbefigur. Ein Kommentar.

Das deutsche Tennis hat wieder zwei Hauptdarsteller. Zuerst Angelique Kerbers Triumphzug bis an die Spitze der Weltrangliste, dann der Aufstieg des Alexander Zverev. Tennis erlebt eine kleine Renaissance. Auch wenn es ein langer Weg ist bis zu der Lagerfeuerstimmung der 80er-Jahre. Wahrscheinlich wird es so weit auch nie wieder kommen. Das Phänomen Becker/Graf lässt sich nicht wiederholen.

Kerber ist bald 30. Sie wird nicht ewig auf dem Thron des Damentennis’ sitzen können. Es liegt an Ausnahmetalent Zverev, wenn es darum geht, Tennis wieder populärer und für die Fernsehsender lukrativer zu machen. Aber: Trotz seiner bislang starken Leistung in Wimbledon taugte der 20-Jährige zuletzt nur bedingt als Werbefigur. Kürzlich hat er seine Teilnahme in Hamburg abgesagt. Seiner Heimatstadt, seinem Förderer Michael Stich, der dem damals 16-Jährigen einst die Chance gegeben hatte, sich auf großer Bühne zu präsentieren – einer Nummer 798 der Tennis-Weltrangliste.

Als Star spielt Zverev lieber in Washington

Das war gestern. Als Star spielt Alexander Zverev Ende Juli lieber in Washington als am Rothenbaum. Weit weg von Tennis-Deutschland, das um Aufmerksamkeit ringt und jeden berühmten Lokalmatadoren auf Händen trägt. Dankbarkeit geht anders. Dem Deutschen passt der amerikanische Hartplatz besser in die Vorbereitung auf die US Open als die Hamburger Asche. Da kommt der Profi durch, dem die Planung der eigenen Karriere über alles geht. Man kann das egoistisch finden.

Doch wenn Zverevs kühle Kalkulation dazu führt, dass er bei den Grand Slams für Furore sorgt, hat er alles richtig gemacht. Nur bei den bedeutendsten Turnieren werden Helden geboren und kommen Fernsehsender auf den Geschmack. Damit werden auch die Tennis-Freunde leben können, die Zverev in Hamburg vermissen werden. Jetzt muss er nur noch liefern.