Essen. 2016 begeisterte Angelique Kerber. 2017 steht sie zwar auf Platz eins der Weltrangliste, doch sie wirkt verkrampft. Kommt jetzt die Wende? Ein Kommentar.
Angelique Kerber hat ein ernüchterndes erstes Halbjahr 2017 erlebt: Das blamable Erstrundenaus bei den French Open, eine schwache Matchbilanz von 20:14 – die Kielerin hatte sicherlich ganz andere Vorstellungen davon, wie sie ihre Auftritte in den ersten sechs Monaten des Jahres gestalten würde.
Auch in Wimbledon, beim bedeutendsten Tennisturnier der Welt, drohte der Nummer eins der Weltrangliste bereits eine Niederlage in der dritten Runde. Doch die 29-Jährige kämpfte, punktete bei entscheidenden Ballwechseln im zweiten Satz, gewann das Tie-Break deutlich – und ebnete sich so den Weg ins Achtelfinale.
Die Vorjahresfinalistin sucht aber bei den All England Championships offenbar noch die Lockerheit, die Sicherheit, mit der sie Duelle als Spitzenspielerin gewinnen kann. Jene Lockerheit, die sie in ihrem Erfolgsjahr 2016 hatte, als sie bei zwei Grand-Slams triumphierte und mit einer Silbermedaille von den Olympischen Spielen in Rio heimkehrte.
Qualitäten: Nervenstärke und Kampfgeist
Das Drittrundenduell mit der US-Amerikanerin Shelby Rogers, Nummer 70 der Welt, geriet zu einer Zitterpartie, in der Kerber allerdings auch zeigte, welche Qualitäten sie auszeichnen: Nervenstärke, Kampfgeist und die Fähigkeit, mit dem enormen Druck umgehen zu können, der auf ihr lastet. Eigenschaften, die eine Grundlage dafür sein können, dass Kerber wieder zu ihrer Form des Vorjahres zurückfindet.
Trotz einer starken Leistung verlor Kerber 2016 das Endspiel in Wimbledon gegen Serena Williams. Die Kielerin zeigte sich darin mutig, begeisterte die Zuschauer mit einer spektakulären Spielweise und erntete viel Applaus. Sie bekam in diesem Spiel auf dem heiligen Rasen die große Anerkennung, die ihr so lange verwehrt geblieben war.
In diesen Tagen wird sich Kerber sicherlich an jenen Tag erinnern. An dieses Match auf dem heiligen Rasen, mit dem sie sich großen Respekt in der Tenniswelt verschaffte. Sie dürfte den Ehrgeiz verspüren, dort wieder das Finale zu erreichen. Wimbledon kann für Kerber zum Wendepunkt werden.